Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wohin, wenn man keine Wohnung hat?
Ein Paar aus Augsburg verkauft sein Haus und will auf Weltreise gehen. Dann kommt alles anders
Die Ansage aus der Politik ist eigentlich klar: Bitte bleiben Sie zu Hause! Doch nicht alle Menschen in Deutschland haben einen festen Wohnsitz. Manche haben ihre eigenen vier Wände auch gegen ein Wohnmobil eingetauscht, um durch die Welt zu reisen. Wie Werner und Claudia Faschingbauer aus Augsburg. Doch die Corona-krise hat all ihre Pläne verhagelt. Zuerst wussten sie nicht wo sie hinsollen, jetzt sitzen sie fest – in einer Grauzone.
Der 58-Jährige und seine 49-jährige Ehefrau hatten bereits im vergangenen Jahr ihr Haus und ihr Auto verkauft – und waren mit ihrem Wohnmobil durch Europa gereist. Als das Coronavirus gerade Deutschland lahmlegte, waren sie auf dem Weg nach Hamburg, erzählen die beiden. Dort wollten sie ihr Wohnmobil abgeben und in die USA, nach Baltimore, verschiffen lassen. „Wir haben eine große Weltreise geplant, von den USA nach Kanada und dann die Panamericana nach Südamerika runter“, erzählt Werner Faschingbauer. Als die USA dann den Einreisestopp für Europäer verhängten, hätten sie die Verschiffung des Wohnmobils gestoppt und ihre Flüge gecancelt. Doch wohin dann? „Wir waren mehr oder weniger gezwungen, nach Augsburg zurückzukommen“, sagt Claudia Faschingbauer. Die nördlichen Bundesländer wurden für Touristen gesperrt. So seien sie wieder nach Bayern gereist. Dort seien Stellplätze wegen der Coronakrise geschlossen gewesen. „Obwohl diese teilweise sehr groß sind“, wie Faschingbauer sagt. Auch an Campingplätzen seien sie abgewiesen worden. Wo also hin?
Nach längerer Suche haben Werner und Claudia Faschingbauer inzwischen einen Stellplatz in Augsburg gefunden. Der Pächter habe ihnen erlaubt, in Abstand zu den anderen Wohnmobilen zu stehen. Die beiden seien froh über ihr Glück, sagen aber auch: „Wenn wir jetzt nicht hier hätten stehen dürfen, hätten wir nicht gewusst, wohin wir sollen.“
Unsicher sind nicht nur die Faschingbauers und andere Menschen, die aus ihrem Wohnmobil heraus leben, sondern scheinbar auch die Behörden. „Die Polizei war schon drei oder vier Mal da“, berichtet Claudia Faschingbauer. Als man ihnen dann die Situation geschildert habe, seien die Beamten aber unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Zur Rechtslage der Stellplätze äußert sich die Stadt nur indirekt. Coronaspezifische Regelungen seien nicht bekannt, heißt es bei der Stadt. Die Pressestelle verweist aber auf einen Frage-und-antwort-katalog des Bayerischen Gesundheitsministeriums. Dieser besagt, dass zumindest die Öffnung von Campingplätzen erlaubt sei, solange diese „ausschließlich von Gästen belegt werden, die dort dauerhaft leben und über keine anderweitige Wohnung verfügen“.
Auch Werner und Claudia Faschingbauer können sich darauf berufen. „Bei ansonsten drohender Wohnungslosigkeit müsste das somit auch für Personen gelten, die außer einem Wohnmobil kein Zuhause haben“, schreibt das städtische Ordnungsreferat auf Anfrage. Finden Wohnmobil-besitzer keinen Stell- oder Campingplatz, so müssten sie eventuell bei Freunden oder Verwandten unterkommen und vorübergehend dort wohnen.
Eigentlich sei ein Besuch bei Bekannten wegen der Ausgangsbeschränkungen zwar verboten, die ansonsten drohende Wohnungslosigkeit würde das in diesem Fall aber rechtfertigen, schreibt die Stadt. Claudia Faschingbauer ist mit dieser Lösung nicht zufrieden: „Für mich ist das unverständlich, da man ja weniger Sozialkontakte hat, wenn man allein im Wohnmobil ist, als wenn man jetzt zu Verwandten in deren Wohnung zieht.“
Nach eigener Aussage fühlen sich die beiden aber dennoch aktuell sehr gut in Deutschland aufgehoben – ganz aufgeben wollen sie ihre Reisepläne trotz Corona nicht. Weil die Lage aber in den USA noch länger angespannt bleiben dürfte, nehmen die beiden aber etwas nähere Ziele in den Blick. „Vielleicht kann man ja im Sommer schon wieder in Europa oder zumindest innerhalb Deutschlands umherreisen“, hofft Claudia Faschingbauer.