Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Vergessenen
Es gibt Discothekenbetreiber, die mit Autodiscos experimentieren. Und Restaurants, die selbst ausliefern. Einige Branchen aber fallen durchs Raster und kämpfen im Stillen um ihre Existenz
anderen kann.
Doch die Wiedereröffnung muss rasch kommen. Denn: „Vielen Tanzschulen geht es inzwischen sehr dreckig“, sagt Schumacher „Der Ausfall kann nicht abgefedert werden. Wir haben nur durch treue Kunden, die weiter die Gebühren entrichten, eine Chance, zu überleben“, erklärt Rudolf Trautz. Doch ob das reichen wird? Von den versprochenen Soforthilfen habe die Tanzschule jedenfalls noch keinen Cent gesehen. So steht die Arbeit von 110 Jahren und vier Generationen auf dem Spiel.
● Sexarbeiter Was aber ist, wenn das Kerngeschäft ausgerechnet die Körperlichkeit zu Fremden ausmacht? Für Sexarbeiter – dazu zählen in Deutschland Prostituierte, erotische Massagen und Dominas – herrscht derzeit Berufsverbot. Zumindest im direkten Kontakt mit Menschen. Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen hat nach Aussage von Sprecherin Susanne Bleier Wilp daher Hilfsfonds für Sexarbeiter eingerichtet, die keinen Anspruch auf gesetzliche Unterstützung haben. „Dazu zählen sogenannte marginalisierte Sexarbeiter etwa auf dem Straßenstrich“, erklärt Bleier Wilp. „Das sind Frauen, eine Vielzahl darunter Migrantinnen, die weder Krankenversicherung noch festen Wohnsitz haben.“Sexarbeiter, die entweder hauptoder nebenberuflich arbeiten, haben mit einer Steuernummer Anspruch auf Grundsicherung.
Allerdings, so Bleier Wilp, arbeiteten Sexarbeiter fast ausschließlich freiberuflich und würden so durch die gleichen Raster fallen wie Künstler. Durch die fehlende staatliche Unterstützung würden sich so viele gezwungen sehen, trotz Verbots weiterhin zu arbeiten. „Viele Frauen gefährden dadurch ihre und die Gesundheit der Kunden sowie die aller Personen aus ihrem persönlichen Umfeld“, sagt die Sprecherin. In Privatwohnungen würden noch immer Anfragen von Kunden angenommen werden, schildert sie. Diesen Punkt kritisiert auch der Verein Solwodi, der sich für Frauen in Not einsetzt. Vorsitzende Lea Ackermann sieht in der Schließung der Bordells nur eine „Mogelpackung“und fordert ein Sexkaufverbot nach Vorbild der Stadt Karlsruhe. Dort ist neben der Prostitution Sexkauf seit dem 18. März verboten.
Bleier Wilp sieht auch die sozialen Umstände der Sexarbeiter als Problem. Denn nur wer privilegiert ist, könne sich die technische Ausrüstung wie Webcams und Computer leisten und hätte die Möglichkeit, Sexangebote im Internet anzubieten. Allerdings auch hier: Die Finanzierung ist schwierig, die Konkurrenz groß. Umso mehr hofft die Branche, bald wieder arbeiten zu können, ist sich der Hindernisse aber bewusst. „Wir haben ein Hygienekonzept entwickelt“, sagt Bleier Wilp. Lockerungen seien aber vorerst noch kein Thema.
● Tankstellen Durch die Ausgangsbeschränkungen haben auch Tankstellenbetreiber zu knabbern, sagt Herbert W. Rabl vom Tankstelleninteressenverband. Tankstellenbetreiber, oftmals kleinere Unternehmer, seien bislang „mit einem blauen Auge“davongekommen.
„Pächter verdienen pro Liter verkauftem Sprit nur einen Cent“, erklärt Rabl. Der Großteil des Umsatzes bestünde aus dem Shopverkauf und anderen Zusatzverkäufen. Rund 60 bis 80 Prozent Umsatzeinbußen hätten Tankstellen so verkraften müssen. Für kleinere Unternehmer sei das nur einen Monat verkraftbar, weil Soforthilfen seitens des Staats oftmals nicht griffen. Durch die Stundung der Miete etwa habe die Pleite vieler Pächter bislang verhindern werden können, so Rabl.