Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Feldhasen hoppeln mitten durch die Stadt

Anwohner beobachten wilde Hasen im Reese-gelände in Kriegshabe­r. Aber wie lange sind die Tiere noch dort?

- VON EVA MARIA KNAB

Für Anwohner in Kriegshabe­r sind sie ein netter und überrasche­nder Anblick: zwei Feldhasen mit langen Ohren, die immer mal wieder über das Reese-gelände hoppeln. „So etwas erlebt man insbesonde­re in der Stadt ja nur selten“, freuen sich Lisanne Kolling und Andreas Komm. Allerdings machen sich die beiden Sorgen, ob die Wildhasen in diesem Umfeld überleben können, wenn jetzt weiter gebaut wird.

Für die Bedenken gibt es einen aktuellen Anlass. Lisanne Kolling wohnt mit ihrem Lebensgefä­hrten in der Reeseallee. Von dort kann sie auf das gegenüberl­iegende Gelände schauen. „Dort konnten wir zu unserem Erstaunen zwei Feldhasen sichten und uns jeden Tag daran erfreuen“, schreibt sie, und weiter: „Aufgrund des Neubauproj­ekts ,Reesepark I‘ sind wir sehr beunruhigt und sehen den Wohnraum unserer Feldhasen als gefährdet an.“Weil wild lebende Hasen in der Region immer seltener werden, wünschen sich die beiden neue Ideen, um die Tiere zu retten.

In dem Bereich geht es um ein Projekt, das Menschen helfen soll, in Augsburg eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die städtische Wohnbaugru­ppe baut am nördlichen Ende der ehemaligen Reesekaser­ne 141 geförderte Wohnungen. Zum Projekt gehören ein Supermarkt, ein Bäckerei-café und ein Drogeriema­rkt als Nahversorg­ung für die Bürger in Kriegshabe­r und das Quartier um den Reesepark.

Dass aber auch die Natur in der Stadt eine Chance haben sollte, wünscht sich Eberhard Pfeuffer vom Naturwisse­nschaftlic­hen Verein. Denn er sieht auch noch einen anderen problemati­schen Trend, der deutschlan­dweit zu beobachten ist. Wildtiere zieht es zunehmend in die Städte, weil sie auf dem flachen Land auf intensiv bewirtscha­fteten Wiesen und Feldern kaum mehr Lebensräum­e finden. Das gilt auch für

Feldhasen. Sie fressen Wildkräute­r und brauchen Verstecke für ihren Nachwuchs. Feldhasen stehen in Deutschlan­d auf der Roten Liste bedrohter Arten. In Bayern sieht es noch etwas besser aus, aber auch hier ist die Prognose für die Überlebens­chancen nicht gut.

Eberhard Pfeuffer beobachtet im Augsburger Süden, dass es Feldhasen vom Land in die Stadtteile zieht. In Haunstette­n setzen sie sich beispielsw­eise im Gewerbegeb­iet am Unteren Talweg fest. Auch auf der Alten Flugplatzh­eide beim Landesamt für Umwelt kann man Hasen hoppeln sehen. Einen Lebensraum ohne Gefahren gibt es für sie dort aber auch nicht. Naturschüt­zer finden auf der Heide immer wieder tote Hasen, die offenbar von nicht angeleinte­n Hunden gehetzt wurden. Pfeuffer hofft nun auf die neue Ausweisung der Alten Flugplatzh­eide als Schutzgebi­et und darauf, dass die Stadt die Aufklärung der Bevölkerun­g über diesen wertvollen und artenreich­en Naturraum verstärken wird. „Kleine Schilder mit der Aufforderu­ng, Hunde an die Leine zu nehmen, genügen nicht.“

Der Naturforsc­her ist davon überzeugt, dass dann auch andere Wildtiere bessere Überlebens­chancen hätten. Gerade für Stadtbewoh­ner könne es fasziniere­nd sein,

Wildtiere vor der Haustüre zu beobachten, sagt er. „Hasenkämpf­e oder spielende junge Hasen sind immer ein Erlebnis.“In Neubaugebi­eten schwinde jedoch in der Regel der Lebensraum für wilde Tiere und Pflanzen. Umso wichtiger sei es, genügend artenreich­e Naturfläch­en anzulegen und diese zu vernetzen. „Wenn man Angebote schafft, haben Feldhasen in begrenztem Umfang einen Lebensraum in der Stadt.“Was plant die Wohnbaugru­ppe in Sachen Grün beim Projekt „Reesepark I“? Sprecherin Andrea Wolf teilt mit, dass keine zum Gebäude gehörenden Außenfläch­en angelegt werden, da der Park direkt an der Wohnanlage ausläuft. Es wurden und werden aber im Zuge der Gestaltung der gesamten Grünanlage Reesepark neben Rasenfläch­en auch extensive Wiesen angelegt, auf denen Blumen und höhere Gräser wachsen. Diese seien für den Erhalt der Artenvielf­alt und den Artenschut­z förderlich, sagt Wolf. Die Wohnbaugru­ppe entwickelt im Auftrag der Stadt drei ehemalige Kasernenfl­ächen. Sowohl im Sheridan-park als auch am Kobelcente­r Süd (früher Flak-kaserne) seien nach wie vor Feldhasen zu beobachten – auch zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem die Bebauung weitgehend abgeschlos­sen ist, so die Sprecherin.

 ?? Foto: Eberhard Pfeuffer ?? Auf der Alten Flugplatzh­eide und auch in anderen Naturräume­n der Stadt leben noch vereinzelt Feldhasen. Anwohner in Kriegshabe­r sorgen sich nun um Tiere auf dem Reese-areal.
Foto: Eberhard Pfeuffer Auf der Alten Flugplatzh­eide und auch in anderen Naturräume­n der Stadt leben noch vereinzelt Feldhasen. Anwohner in Kriegshabe­r sorgen sich nun um Tiere auf dem Reese-areal.

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