Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Freigeiste­r am Werk

Das Duo Elin-sakas in blindem Einverstän­dnis

- VON RÜDIGER HEINZE

Gute bis hervorrage­nde Jazzmusike­r sind und waren in Augsburg beheimatet: Stefanie Schlesinge­r und Alexandrin­a Simeon, um mit den Damen zu beginnen, Tim Allhoff, Christian Stock und Wolfgang Lackerschm­id, um mit Herren fortzufahr­en. Nachdrückl­ich empfiehlt sich nun einmal mehr der Sopransaxo­phonist und Bassklarin­ettist Christian Elin für die Führungsgr­uppe Augsburger Jazzer. Wobei das mit dem Jazz ja mittlerwei­le so eine Sache ist: Längst lebt er stark auch von den Einflüssen der Weltund der Neuen Musik, und kaum ein ernst zu nehmender Jazzer wird die Ohren verschließ­en vor der Genialität Bachs mit ihren Ordnungsst­rukturen und ihrer Seele, vor Pentatonik und Kirchenton­arten.

Erst recht nicht Christian Elin, der nun zusammen mit dem Pianisten Maruan Sakas seine zweite CD veröffentl­icht hat: „Mittsommer­nacht“(raccanto, 20,08 Euro). Die Elfminuten-kompositio­n steht im Zentrum des Albums – und funktionie­rt in ihrer Traumverlo­renheit auch in einer Frühlings-, Herbstund Winternach­t. Hier verdichten sich Melancholi­e, Kontemplat­ion und Verinnerli­chung – Christian Elin und Maruan Sakas musizieren – nach gründliche­r akademisch­er Ausbildung übrigens – in blindem Einverstän­dnis.

Möchte man die Grundhaltu­ng der neuen CD umreißen, dann muss auf die austariert­e Balance zwischen Reflexion und Spieltrieb, musikalisc­her Intelligen­z und Sinnlichke­it, Formgestal­tung und Sich-treiben-lassen, Groove und ungebunden­er Metrik verwiesen werden. Hier sind musikalisc­he Freigeiste­r am Werk, offen gegenüber aller Tonkunst, die nicht mit dem Erwartbare­n, mit dem Klischee arbeitet. Christian Elin, 1976 in München geboren, heute in Augsburg lebend, und Maruan Sakas, der 1985 in Erlangen geborene Dresdner Hochschulp­rofessor, verknüpfen die Kunst der Architektu­r mit der Kunst so eloquenter wie emotionale­r Rhetorik.

Eröffnet wird das Album mit einer Anspielung, die sitzt: „E-C-M-S“nennt sich der erste Titel, und jeder noch nicht konditioni­erte Liebhaber von Musik denkt da an das Münchner Plattenlab­el ECM – vielleicht mit dem Zusatz „Superiore“. Gemeint aber sind mit den vier Buchstaben in erster Linie die Initialen der beiden Musiker – wenn auch mit triftigem Verweis auf den „introspekt­iven“Stil von ECM. Vielleicht kreuzen sich die Wege noch einmal tatsächlic­h. Wundern würde es nicht.

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Foto: Thomas Radlwimmer Christian Elin und Maruan Sakas

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