Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hilferuf auf dem Rathausplatz
Erneut stellen Vertreter von Gastronomie, Hotels und Zulieferbetrieben leere Stühle und Bierbänke auf. Die Lockerungen gehen ihnen nicht weit genug. Sie könnten so nicht wirtschaftlich arbeiten, kritisieren sie
Freitagmittag stehen zahlreiche Stühle auf dem Rathausplatz. Erneut schließen sich damit Augsburger Gastronomen und Hoteliers der deutschlandweiten Aktion Leere Stühle an, die auf die Situation im Gastgewerbe hinweisen soll. Wie ernst es um die Branche steht, verdeutlichen die Organisatoren mit Bierbänken, die sie ebenfalls auf die Mitte des Rathausplatzes stellen und die ein Wort bilden: Hilfe!
Es sei ein Schritt in die richtige Richtung, dass nun die Vorgaben gelockert werden und am 18. Mai Biergärten und am 25. Mai Restaurants wieder öffnen dürfen. Allerdings könne nie wirtschaftlich gearbeitet werden, wenn nur 50 Prozent der Tische genutzt werden dürfen, sagt Torsten Petersen. Er ist Geschäftsführer der Enchilada Franchise
Gmbh, einem Zweig der Enchilada-gruppe, zu der in Augsburg unter anderem das Dean & David, Aposto und der Ratskeller gehören. Das bedeute automatisch hohe Personalkosten und weniger Umsatz. „Die Miete wird deshalb aber genauso viel kosten“, sagt Petersen.
„Das Verhalten der Leute lässt sich auch noch gar nicht einschätzen. Werden sie wiederkommen oder erst einmal nicht?“, fragt sich Gastronom Stefan „Bob“Meitinger. Personal müsse er trotzdem bereitstellen. „Die Personalkosten sind brutal“, sagt Meitinger. Gemeinsam mit Petersen organisiert er in Augsburg die Aktionen. Sie fordern einen Rettungsschirm für alle Unternehmensgrößen und Zulieferer – bemessen an Umsätzen aus dem Vorjahr. Daneben soll die Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent auf Speisen und Getränke für das
Gastgewerbe für einen längeren Zeitraum gelten. Ein Jahr sei zu kurz. Sebastian Priller, Juniorchef der Brauerei Riegele, fordert, dass das Kabinett nicht nur alle vier Wochen über weitere Lockerungen beraten soll. „Was ist, wenn die Fallzahlen bei null liegen? Dann muss weiter gelockert werden. Ich hoffe, dass das Ordnungsamt mit Augenmaß vorgeht.“
Michael Hingerl vom Anna-café, der ebenfalls einen Stuhl auf den Rathausplatz gestellt hat, wünscht sich klare Ansagen der Politik. „Unser Geschäft machen wir mit Hochzeiten und Tagungen. Bislang ist unklar, wann sie wieder stattfinden können“, sagt er. Diese Unsicherheit habe dazu geführt, dass sie Absagen bis in den Oktober hinein hätten. „Veranstaltungen werden nun alle ins nächste Jahr gelegt. Das werden wir spüren“, sagt er.