Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Lernen im Wechsel
Eine Woche Unterricht in der Schule, dann eine Woche Lernen zu Hause – so sollen Lehrer, Schüler und Eltern langsam wieder in die Normalität zurückfinden. Wie das funktionieren könnte
München Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) will den schrittweise startenden regelmäßigen Wechsel zwischen Präsenz-unterricht in der Schule und Lernen zu Hause eng verzahnen: „Man muss in der Woche, in der die Kinder in der Schule sind, die Woche zu Hause bereits mitdenken“, erklärte er. So sollen im Präsenzunterricht vermittelte Inhalte zu Hause geübt und vertieft werden. Nach der Rückkehr in die Schule soll dann eine Lernkontrolle erfolgen. „Entscheidend ist: Die beiden Elemente bilden eine sinnvoll verzahnte Einheit“, so Piazolo.
Neues Wissen soll in den Heimwochen nur „mit Augenmaß“vermittelt werden. Die entsprechenden Themen müssten von zentraler Bedeutung für die nächste Jahrgangsstufe sein. Der Schulminister will dabei aber keine Vorgaben machen: „Die Lehrer vor Ort wissen am besten, was man beim Lernen zu Hause vermitteln kann, und was nicht.“Im
Kern gehe es darum, „ein stabiles Lehrangebot zu schaffen“, sagte Piazolo. Ohnehin sei es nicht möglich, in den verbleibenden Wochen den gesamten Lehrplan abzuarbeiten: „Bis zum Sommer lässt sich aber noch einiges an Unterricht unterbringen“, hofft er.
Noten sollen bis zum Sommer außer in den Abschlussklassen keine große Rolle mehr spielen. Der Minister will aber auch hier auf einheitliche Vorgaben verzichten und setzt auf das „pädagogische Ermessen“der Lehrer: „Hier alles vorzuschreiben ist nicht unser Ziel“, sagte er. Verpflichtend soll allerdings in allen Klassen zum Ende des Schuljahres der Leistungsstand der Schüler dokumentiert werden. „Das ist wichtig, um den Anschluss im nächsten Schuljahr sicherzustellen“, erklärte Piazolo.
Nach den Abschlussklassen sind seit Montag auch die Schüler wieder zurück in den Klassenzimmern, die 2021 ihren Abschluss machen oder die vierte Klasse besuchen. Kommende Woche sollen die Erstklässler folgen, die 5. Klassen der Mittelschulen und die 5. und 6. Klassen an Realschulen und Gymnasien. Für alle anderen Klassen beginnt der Präsenz-unterricht erst nach den Pfingstferien Mitte Juni. Die Schüler werden dort in Kleingruppen mit geteilten Klassen unterrichtet.
Verbessert werden soll zudem die technische Ausstattung: So sollen alle weiterführenden Schulen ab sofort neben der oft überlasteten staatlichen Lernplattform Mebis künftig auch kostenlos Microsoft Teams nutzen können. Verbessert werden soll auch die Ausstattung aller Schüler mit Computern. Zuständig für Leihgeräte sind allerdings die Kommunen: „Wir sind im Gespräch, damit es überall möglichst zügig funktioniert“, versprach Piazolo.
Noch immer habe längst nicht jeder Schüler einen Computer für das digitale Lernen zur Verfügung, kritisierte die Spd-bildungspolitikerin Simone Strohmayr. Dies müsse der Freistaat umgehend ändern, damit die Wechselschule funktionieren kann: „Jeder Schüler braucht dafür ein eigenes digitales Endgerät.“
Auch von den Grünen hagelte es am Mittwoch sogleich Kritik am Vorgehen Piazolos. Dieser fahre „dauernd nur auf Sicht. Nur ein neues Tool für Videokonferenzen an Schulen freizugeben, das bereits genutzt wird, ist einfach zu wenig. Wir müssen endlich anfangen, die neue Schulrealität bestmöglich zu gestalten“, erklärte die bildungspolitische Sprecherin Gabriele Triebel. Und der Augsburger Abgeordnete und Grünen-sprecher für digitales Lernen, Max Deisenhofer, bezeichnete die Verbesserung des Lernens zu Hause als längst überfällig: „Das Chaos der letzten Wochen ist der verschlafenen Digitalisierung an Bayerns Schulen geschuldet.“Sinnbild dafür sei das Lernportal Mebis, das wochenlang nicht reibungslos funktioniert habe.
Die technische Ausstattung soll verbessert werden