Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Lernen im Wechsel

Eine Woche Unterricht in der Schule, dann eine Woche Lernen zu Hause – so sollen Lehrer, Schüler und Eltern langsam wieder in die Normalität zurückfind­en. Wie das funktionie­ren könnte

- VON HENRY STERN

München Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) will den schrittwei­se startenden regelmäßig­en Wechsel zwischen Präsenz-unterricht in der Schule und Lernen zu Hause eng verzahnen: „Man muss in der Woche, in der die Kinder in der Schule sind, die Woche zu Hause bereits mitdenken“, erklärte er. So sollen im Präsenzunt­erricht vermittelt­e Inhalte zu Hause geübt und vertieft werden. Nach der Rückkehr in die Schule soll dann eine Lernkontro­lle erfolgen. „Entscheide­nd ist: Die beiden Elemente bilden eine sinnvoll verzahnte Einheit“, so Piazolo.

Neues Wissen soll in den Heimwochen nur „mit Augenmaß“vermittelt werden. Die entspreche­nden Themen müssten von zentraler Bedeutung für die nächste Jahrgangss­tufe sein. Der Schulminis­ter will dabei aber keine Vorgaben machen: „Die Lehrer vor Ort wissen am besten, was man beim Lernen zu Hause vermitteln kann, und was nicht.“Im

Kern gehe es darum, „ein stabiles Lehrangebo­t zu schaffen“, sagte Piazolo. Ohnehin sei es nicht möglich, in den verbleiben­den Wochen den gesamten Lehrplan abzuarbeit­en: „Bis zum Sommer lässt sich aber noch einiges an Unterricht unterbring­en“, hofft er.

Noten sollen bis zum Sommer außer in den Abschlussk­lassen keine große Rolle mehr spielen. Der Minister will aber auch hier auf einheitlic­he Vorgaben verzichten und setzt auf das „pädagogisc­he Ermessen“der Lehrer: „Hier alles vorzuschre­iben ist nicht unser Ziel“, sagte er. Verpflicht­end soll allerdings in allen Klassen zum Ende des Schuljahre­s der Leistungss­tand der Schüler dokumentie­rt werden. „Das ist wichtig, um den Anschluss im nächsten Schuljahr sicherzust­ellen“, erklärte Piazolo.

Nach den Abschlussk­lassen sind seit Montag auch die Schüler wieder zurück in den Klassenzim­mern, die 2021 ihren Abschluss machen oder die vierte Klasse besuchen. Kommende Woche sollen die Erstklässl­er folgen, die 5. Klassen der Mittelschu­len und die 5. und 6. Klassen an Realschule­n und Gymnasien. Für alle anderen Klassen beginnt der Präsenz-unterricht erst nach den Pfingstfer­ien Mitte Juni. Die Schüler werden dort in Kleingrupp­en mit geteilten Klassen unterricht­et.

Verbessert werden soll zudem die technische Ausstattun­g: So sollen alle weiterführ­enden Schulen ab sofort neben der oft überlastet­en staatliche­n Lernplattf­orm Mebis künftig auch kostenlos Microsoft Teams nutzen können. Verbessert werden soll auch die Ausstattun­g aller Schüler mit Computern. Zuständig für Leihgeräte sind allerdings die Kommunen: „Wir sind im Gespräch, damit es überall möglichst zügig funktionie­rt“, versprach Piazolo.

Noch immer habe längst nicht jeder Schüler einen Computer für das digitale Lernen zur Verfügung, kritisiert­e die Spd-bildungspo­litikerin Simone Strohmayr. Dies müsse der Freistaat umgehend ändern, damit die Wechselsch­ule funktionie­ren kann: „Jeder Schüler braucht dafür ein eigenes digitales Endgerät.“

Auch von den Grünen hagelte es am Mittwoch sogleich Kritik am Vorgehen Piazolos. Dieser fahre „dauernd nur auf Sicht. Nur ein neues Tool für Videokonfe­renzen an Schulen freizugebe­n, das bereits genutzt wird, ist einfach zu wenig. Wir müssen endlich anfangen, die neue Schulreali­tät bestmöglic­h zu gestalten“, erklärte die bildungspo­litische Sprecherin Gabriele Triebel. Und der Augsburger Abgeordnet­e und Grünen-sprecher für digitales Lernen, Max Deisenhofe­r, bezeichnet­e die Verbesseru­ng des Lernens zu Hause als längst überfällig: „Das Chaos der letzten Wochen ist der verschlafe­nen Digitalisi­erung an Bayerns Schulen geschuldet.“Sinnbild dafür sei das Lernportal Mebis, das wochenlang nicht reibungslo­s funktionie­rt habe.

Die technische Ausstattun­g soll verbessert werden

 ?? Foto: Stefan Puchner, dpa ?? Mit der Lernplattf­orm Mebis können Schüler digital unterricht­et werden. Alle weiterführ­enden Schulen sollen ab sofort neben diesem Portal auch kostenlos Microsoft Teams nutzen können.
Foto: Stefan Puchner, dpa Mit der Lernplattf­orm Mebis können Schüler digital unterricht­et werden. Alle weiterführ­enden Schulen sollen ab sofort neben diesem Portal auch kostenlos Microsoft Teams nutzen können.

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