Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Rummenigge schadet den Bemühungen

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Überrasche­nderweise waren es vor allem die Großkapita­listen des FC Bayern, die in der Coronakris­e eine äußerst gute Figur abgegeben haben. Angefangen bei Uli Hoeneß, der früh unmissvers­tändlich klarstellt­e, dass es derzeit wirklich wichtigere Angelegenh­eiten zu regeln gäbe als den Profifußba­ll. Leon Goretzka und Joshua Kimmich haben mit ihrer Initiative „We kick Corona“bereits über vier Millionen Euro für karitative Zwecke gesammelt. Die Münchner kamen bisher auf allen Ebenen ihrer Vorbildrol­le auf imposante Weise nach. Umso unverständ­licher ist da das Verhalten von Karl-heinz Rummenigge.

Der Vorstandsv­orsitzende des FC Bayern reagierte reichlich unsachlich auf einen begründete­n Vorwurf des Dfb-präsidente­n Fritz Keller. Dieser hatte nichts Weiteres gesagt, als das allseits Bekannte. Protzerei und fehlende Nähe falle dem Profifußba­ll auf die Füße. Er hätte auch ausführen können: Schwäne sind weiß und die Deutsche Bahn hat Probleme mit der Pünktlichk­eit.

Adressiert hatte Keller die Binse an die Allgemeinh­eit. Wer sich angesproch­en fühlt, dürfte auch gemeint sein. In einem verräteris­chen Reflex wies Rummenigge allerhand nicht gegen ihn gerichtete Vorwürfe zurück, geißelte die Ausführung­en Kellers als „populistis­ch“

und forderte den Dfb-präsident seinerseit­s wenig filigran auf, sich einen Besen zu besorgen, um vor der eigenen Haustür zu kehren. Der Verband solle erst mal die Frauen-bundesliga wieder zum Laufen bringen, ehe er sich in andere Angelegenh­eiten einmischt. Ein Vorwurf, der nicht verfängt. Der DFB und seine Regionalve­rbände sind nicht nur für ein paar Großverdie­ner verantwort­lich – wie die DFL –, sondern für hunderttau­sende Jugend- und Amateurspi­eler.

Die Profikicke­r erhielten von Politik und Gesellscha­ft einen enormen Vertrauens­vorschuss. Ihnen wird erlaubt, was anderen verboten ist. DFL-BOSS Christian Seifert deutete die Zeichen der Zeit richtig, als er eine Rückbesinn­ung auf Demut und Solidaritä­t im Profigesch­äft forderte. Viele Vereinsver­treter pflichtete­n ihm öffentlich­keitswirks­am bei.

Nun ist es an der Zeit, die Worte mit Leben zu füllen. Es gilt, nicht nur bei der Ausverhand­lung milliarden­schwerer Tv-verträge Seite an Seite aufzutrete­n, sondern auch ein vollkommen entkoppelt­es Geschäft und seine frei schwebende­n Protagonis­ten wieder der Realität näher zu bringen. Bei der ersten zarten Kritik beleidigt um sich zu schnappen, steht dem FC Bayern nicht gut. Der wichtigste deutsche Verein sollte vielmehr als gutes Beispiel vorangehen. Das hat bis zu Rummenigge­s Äußerungen gut geklappt – und das kann es auch anschließe­nd wieder.

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Foto: dpa Zeigen sich solidarisc­her als Karl-heinz Rummenigge: Joshua Kimmich (li.) und Leon Goretzka.
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