Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ermittlungen wegen Weltkriegs-cartoons
Monatelang stand im Raum, dass Afd-stadtrat Andreas Jurca fragwürdige Comics auf seinem früheren Dienstcomputer gespeichert hatte. Nun geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, dass die Daten auf anderem Weg dorthin gelangten
Im Nachgang zu den inzwischen eingestellten Ermittlungen gegen den Augsburger Afd-stadtrat Andreas Jurca geht die Staatsanwaltschaft nun Hinweisen nach, dass Jurca bei einem Teilaspekt zu Unrecht ins Fadenkreuz der Ermittler gebracht worden sein könnte.
Ermittelt wird wegen falscher Verdächtigung. Es geht dabei um die Dateien, die vermeintlich auf Jurcas ehemaligem Dienstlaptop gefunden wurden. Die comicartigen Zeichnungen befassen sich auf teils verharmlosende Art und Weise mit dem Zweiten Weltkrieg. Womöglich stammen sie aber gar nicht von Jurca beziehungsweise seinem Whatsapp-account.
Wie berichtet hatten sich die Wege von Jurca und seinem ehemaligen Chef, dem LandtagsabgeordMarkus Bayerbach, im vergangenen Herbst getrennt. Jurca war bei Bayerbach, der dem moderateren Flügel der Landtagsfraktion zugerechnet wird, als Mitarbeiter beschäftigt und wechselte als Mitarbeiter zur Afd-landtagsfraktion, in der eher Personen das Sagen haben, denen eine Nähe zum ehemaligen „Flügel“der AFD nachgesagt wird.
Einige Wochen nach dem Wechsel wurden Ermittlungen gegen Jurca bekannt, weil er vor seinem Weggang wohl sämtliche Daten auf seinem Dienstlaptop gelöscht hatte. Bayerbach hatte ihn wegen Datenveränderung angezeigt, wobei das Verfahren eingestellt wurde (wir berichteten).
Strafrechtlich sind auch die Zeichnungen, die im Zuge der Datenwiederherstellung auftauchten, ohne Bedeutung. Das war schon frühzeitig absehbar, weil eine mögliche Volksverhetzung nur dann vorgelegen hätte, wenn Jurca diese Comics weiterverbreitet hätte, was nicht der Fall war. Allerdings ist ihr Besitz politisch heikel. Jurca sagte während des Verfahrens immer, er könne sich nicht an die Zeichnungen erinnern, halte es aber für möglich, dass diese ihm als Mitglied in diversen Whatsapp-chatgruppen ungefragt zugeschickt wurden. Inhaltlich distanziere er sich davon.
Inzwischen scheinen sich Hinweise zu verdichten, dass Jurca mit diesen Zeichnungen womöglich nichts zu tun hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen falscher Verdächtigung gegen eine dritte Person, beneten stätigte ein Sprecher. Es soll sich um einen Bekannten Bayerbachs handeln, der die gelöschte Festplatte restaurierte. Gegen Bayerbach selbst stehen keine Vorwürfe im Raum. Jurca sagt, nun stehe fest, dass ihm die Cartoons „untergeschoben“worden seien.
Mit den neuen Erkenntnissen dürfte sich der Graben innerhalb der AFD vertiefen. Bayerbach sagte auf Anfrage, ihm sei es bei seiner Anzeige nur um die gelöschten Daten auf der Festplatte gegangen. Zum Zeitpunkt, als er Anzeige erstattete, seien die Dateien auf dem Rechner noch nicht wiederhergestellt gewesen. Von etwaigen Zeichnungen habe er erst später erfahren. Diese haben ihren Ursprung womöglich auf einer anderen Festplatte, die aus technischen Gründen zur Restauration der gelöschten Festplatte des fraglichen Dienstcomputers nötig war. Als sein Bekannter bemerkte, dass möglicherweise Altdaten von dieser Technik-festplatte Jurca zugeordnet werden, habe er die Polizei darüber informiert, so Bayerbach.
Bayerbach schied Anfang Mai mit Beginn der neuen Periode aus dem Stadtrat aus, nachdem er nicht mehr auf der Liste kandidiert hatte. Zwischen der Führung der Augsburger AFD und Bayerbach scheint es ein tiefes Zerwürfnis zu geben. Jurca ist seit Mai Neu-stadtrat und Vorsitzender der vierköpfigen Stadtratsfraktion. Zu Themen wie Flüchtlingen hat sich die Augsburger AFD bisher eher zurückgehalten, sprach im Wahlkampf aber einmal von „parasitärer Zuwanderung“. Jurca selbst äußert sich eher differenziert, bezeichnete den Partei-rechtsaußen Björn Höcke aber als einen der „größten politischen Pioniere“.