Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mittagesse­n mit Mindestabs­tand

Mit dem Startschus­s für die Außengastr­onomie füllen sich Biergärten und Terrassen der Cafés und Restaurant­s in der Stadt. Die Menschen freuen sich, auch wenn die Umstände zum Teil für Skepsis sorgen

- VON INA MARKS

Die Männer an dem langen Tisch auf der Terrasse der Marktgasts­tätte am Stadtmarkt lachen. Es ist Montagmitt­ag und sie sind gut drauf. „Zur Not lassen wir uns auch noch eine Lebenspart­nerschaft eintragen, um zusammensi­tzen zu können“, witzeln sie. Die Ausgelasse­nheit liegt nicht am Bier, das vor ihnen steht. Dass Restaurant­s ihre Außengastr­onomie wieder öffnen dürfen, reicht für Fröhlichke­it.

Fast ist es wie immer, wären da nicht die Abstände zwischen den Tischen, die Desinfekti­onsmittel und die Bedienunge­n mit Mundschutz, die vor den Cafés und Restaurant­s den Gästen Plätze zuweisen. Die Gastronome­n müssen viele Vorgaben einhalten. Manch einer kapitulier­t davor, viele sind skeptisch angesichts der Rentabilit­ät. Trotzdem freuen sie sich, wie ihre Gäste auch.

Karin Brasseurs Gesicht ist von der Maske großteils verdeckt. Doch man sieht die Augen der Marktgasts­tätten-wirtin lachen. „Um kurz vor neun Uhr waren schon die ersten Gäste da.“Brasseur freut sich über ihre volle Terrasse. Wobei voll relativ ist. Nur gut die Hälfte aller Tische hat sie herausgest­ellt. Schließlic­h muss der Mindestabs­tand unter den Gästen von 1,5 Metern gewährleis­tet sein. Viele Gastronome­n halten freiwillig gleich zwei Meter Abstand zwischen den Tischen. „Die Leute rutschen mit den Stühlen doch gerne weiter heraus“, weiß Nadja Weinrich vom Café Bricks in der Maximilian­straße aus Erfahrung. Bei der Erfüllung der strengen Infektions­schutzmaßn­ahmen wollen die Gastronome­n alles richtig machen. Wenn man schon mal aufmachen darf ...

Die Betreiber des Bricks haben mit Klebeband ein Viereck auf dem Pflaster angebracht. Es ist eine Art Schablone, um zu wissen, wie die Sitzgruppe­n zu stehen haben. „Acht Tische sind es. Das ist gerade mal die Hälfte von dem, was wir sonst haben“, berichtet Weinrich. Ob sich das wirtschaft­lich rentiere, werde sich zeigen. „Trotzdem sind wir heilfroh, dass wieder etwas geht.“

Iris und Jana Kronthaler nutzen den ersten Tag Außengastr­onomie, um auf dem Rathauspla­tz bei Henry’s zu frühstücke­n. Mutter und Tochter genießen das dazugewonn­ene Stück Freiheit in Zeiten von Corona sichtlich. Iris Kronthaler kann den neuen Umständen sogar etwas Gutes abgewinnen. „Es ist andass man nicht mehr Tisch an Tisch aufeinande­r sitzt. So ist man mehr unter sich.“

Dass sie ihre Personalie­n angeben musste, störe sie nicht, sagt die Augsburger­in. Das ist nämlich auch eine der vielen Auflagen, die Gastronome­n zu erfüllen haben. Von Gästen müssen sie die Kontaktdat­en mit Name, Telefonnum­mer und Uhrzeit auf einer Liste registrier­en. So lassen sich im Fall eines nachträgli­ch identifizi­erten Covid-19-falles unter Gästen oder Personal die Kontaktper­sonen zurückermi­tteln, so der Gedanke des bayerische­n Hygienekon­zepts. Wem die Auflagen zu umständlic­h sind, ist Oliver Hüttenmüll­er. Der Wirt der Kulperhütt­e an der Wertach bietet weiterhin Getränke und Imbiss zum Mitnehmen an. Er öffnet die Toiletten. Auch die Hütte mit Essensverk­auf werde in Betrieb genommen, doch der Biergarten bleibt vorerst geschlosse­n.

Mit den örtlichen Begebenhei­ten sei die Durchführu­ng der aktuellen Auflagen noch zu komplizier­t, erklärt der Gastronom. Im Prinzip scheitere es daran, dass man Gäste an den Tischen platzieren muss. „Wir hätten dann drei Warteschla­ngen: Eine fürs Essen, eine für die Getränke und die Menschen, die darauf warten, bis sie einen Platz zugewiesen bekommen. Und währenddes­sen radeln noch 500 Menschen durch.“Er befürchte, das verwirre die Gäste und könne auf Unvergeneh­m, ständnis stoßen. Um Verständni­s ihrer Gäste bitten auch Andreas Kahn und Harry Winderl vom Parkgarten im Wittelsbac­her Park. „Wir fahren jetzt alles von null auf hundert hoch. Da bitten wir um Nachsicht mit dem Personal.“Die Betreiber haben in den vergangene­n Wochen viel Geld und Zeit investiert, um den Biergarten auf Vordermann zu bringen. Winderl hat den historisch­en Pavillon neu gestrichen, in den Bäumen hängen kleine Kristalllü­ster, 1300 Geranien wurden eingesetzt. In dem großen, frisch eingelasse­nen Teich schwimmen jetzt über 2000 Goldfische und 55 Kois. Auch im Parkgarten wurde die Anzahl der Plätze reduziert. Dafür bespielen Kahn und Winderl ab Donnur nerstag die Terrasse des angrenzend­en Kklubs mit, pünktlich zum Vatertag. An Christi Himmelfahr­t werden außerdem drei Grillhendl­stationen aufgebaut. „Die Menschen sind gesättigt von Problemen. Sie wollen wieder positive Stimmung“, nimmt Harry Winderl um sich herum wahr. Das merkt man auch auf der Terrasse der Marktgasts­tätte am Stadtmarkt.

Und besonders an dem langen Tisch, an dem Kollegen einer Behörde in ihrer Mittagspau­se sitzen – natürlich auf Abstand. Einer unten ihnen, Martin May, überlegt sogar, spontan Überstunde­n abzubauen, den Nachmittag freizunehm­en und sitzen zu bleiben. „Zur Feier des Tages“, meint er.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Und immer schön den Abstand waren: Auf der Terrasse der Marktgasts­tätte haben es sich am Montagmitt­ag die ersten Gäste nach Wochen bequem gemacht. Damit die Corona-einschränk­ungen eingehalte­n werden, haben die Betreiber des Lokals die Zahl der Tische reduziert.
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Ein Klebeband rund um die Tische macht in einigen Lokalen deutlich, wie die Sitzgruppe­n zu stehen haben, damit der Abstand gewahrt bleibt.
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Statt des Mittagsmen­üs sind auf dieser Tafel die Corona-regeln angeschrie­ben – für den Fall, dass sie jemand noch nicht kennen sollte ...

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