Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Öl für Venezuela
Machthaber Maduro erhält Treibstoff aus dem Iran und macht es zum Politikum
Puebla Niederlagen in einen Triumph zu verwandeln ist eine Spezialität von Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro. Am Montag hatte er dazu wieder Gelegenheit. Da kam der erste von fünf iranischen Öltankern in der Nähe von Puerto Cabello an, martialisch eskortiert von Kampfjets russischer Bauart der venezolanischen Luftwaffe. Dass die Ankunft eines Öltankers einer gewonnenen Schlacht gleicht, ist ein vom Regime gewollter Effekt. Denn sowohl auf dem Iran als auch auf Venezuela lastet ein Us-embargo. Und erst vor einigen Wochen hat die Usregierung Kampfschiffe in die Karibik entsandt, um unter dem Vorwand der Bekämpfung des Drogenhandels eine Seeblockade um Venezuela aufzubauen.
Doch trotz harscher Warnungen aus Washington konnten die Tanker ihren Weg unbehelligt zurücklegen. Es gab keine Neuauflage der kubanischen Raketenkrise wie in den 60er Jahren auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Im Hafen von Palito entlud die „Fortune“am Montag Benzin und Chemikalien, die wegen des Embargos nicht mehr nach Venezuela eingeführt werden können. „In Zeiten, in denen das Imperium uns gewaltsam seine Macht aufzwingen will, rettet uns die Brüderlichkeit der freien Völker“, schrieb Maduro in einem Tweet. Vier weitere Tanker sind unterwegs. Sie bringen 1,5 Millionen Fass Treibstoff. Bis vor einigen Jahren förderte Venezuela noch fast das Doppelte – am Tag. Zusammengenommen reicht das Benzin Experten zufolge nicht einmal für drei Wochen. Unklar ist, wie viel davon bei den Tankstellen landet.
Die Benzinknappheit ist das neueste Alltagsdrama der Venezolaner, neben Covid-19, Stromausfällen, Wasserknappheit und Medikamentenund Lebensmittelmangel. Vor Supermärkten, Wasser- und Tankstellen bilden sich Schlangen. Ärzte kommen nicht zur Arbeit, die Ernte verrottet auf den Feldern. Benzin, bis vor kurzem noch fast gratis, ist ein Luxusgut. Auf dem Schwarzmarkt kostet ein Liter mehr als drei Dollar (2,75 Euro). Der Mindestlohn beträgt weniger als fünf Dollar pro Monat. Alles zusammengenommen eine erbärmliche Bilanz nach 22 Jahren Sozialismus. Kein Wunder, dass sich Maduro für seinen Tanker-coup von den staatlichen Medien feiern lässt.