Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Flagge zeigen
Auch Stoff kann Lärm verursachen
Es ist ein Sprichwort, das wie gemacht ist für diese ganz besonderen Zeiten: „Willst du ein Leben lang glücklich sein, dann leg einen Garten an.“Der eigenen Hände Arbeit wird dort reich belohnt. Mit den Blumen blüht die Seele auf. Fast schon meditativen Charakter hat das Unkrautjäten – dieser immerwährende Kampf Gut gegen Bös. Doch wie so oft im Leben liegen Glück und Unglück ganz dicht beieinander. Denn Garten bedeutet auch Anarchie. Läuse, Wurzelfäule und andere Plagen zerren an den Nerven des Gärtners – und dann ist da ja noch der Nachbar. Zu laut, zu unordentlich, zu grillbegeistert. Gründe, sich zu streiten gibt es so viele wie Nacktschnecken an einem verregneten Wochenende. Ein Streitfall ganz besonderer Güte ist der Fahnenmast. Vor allem Kleingärtner markieren damit gerne ihr Revier und zeigen Flagge: fürs Bundesland, den Fußballverein oder andere Vorlieben. Unwidersprochen bleibt das nicht immer. Neulich etwa wehte in einem Garten in Mülheim an der Ruhr eine Reichskriegsflagge, die zwar nicht verboten ist, aber als Nazi-symbol gewertet wurde. Der Kleingärtner-kreisverband wusste sich zu helfen und änderte kurzerhand die stadtweit gültige „Garten- und Bauordnung“für Kleingärten: Seitdem sind in ganz Mülheim keine Fahnenmasten mehr erlaubt. Der Gärtner weiß: Radikale Lösungen sind nicht immer schlecht. Auch Gerd Flocke, Vorsitzender eines Kleingartenvereins im Essener Stadtteil Altendorf, kennt die Tücken. Denn: Fahnen wirken nicht nur optisch, sondern auch akustisch – auch Stoff macht Krach. Flocke berichtet von einem Fall am Niederrhein, wo sich Nachbarn eines Doppelhauses wegen der Geräuschentwicklung einer Fahne „total entzweit“hätten. „Die Fahne knatterte und flatterte.“