Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wo bleibt der Nachschub?

Kinos warten weiter auf Großproduk­tionen

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Berlin Wer in diesen Tagen ins Restaurant geht oder durch Parks spaziert, könnte glauben, dass die Corona-pandemie vorbei ist. Auf den ersten Blick sieht vieles wieder so aus wie vor dem Lockdown. Auch die Kinobranch­e steht offiziell vor dem Neustart. Viele Kinos haben bereits wieder geöffnet, als letztes Bundesland folgt diese Woche Berlin. Doch der Schein trügt. Die Kinobranch­e muss weiter zittern.

Immerhin: Nach monatelang­er Pause starten nun die ersten größeren Filme neu. Von diesem Donnerstag an durchleben die früheren Youtube-stars Heiko und Roman Lochmann in „Takeover – Voll vertauscht“eine turbulente Verwechslu­ngskomödie, während Regisseur Christian Petzold den Berlinale-beitrag „Undine“mit Paula Beer und Franz Rogowski zeigt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass nun in allen Bundesländ­ern auch wieder die Kinos ihren Betrieb aufnehmen dürfen.

Überhaupt gab es zuletzt einige positive Nachrichte­n aus der Branche. Freiluft- und Auto-kinos sind seit Wochen beliebt und erleben eine rege Besucherna­chfrage. Doch das allein kann die Existenz der Kino- und Filmwelt nicht retten. Wichtig wäre, dass auch die regulären Kinos wieder genügend Tickets verkaufen. Das aber ist mehr als ungewiss; von Euphorie ist wenig zu spüren. Vielmehr wachsen die Sorgen, wie es nun wirklich weitergehe­n soll.

Eine große Hürde sind die Auflagen, die mit den Wiedereröf­fnungen verbunden sind. Zwischen den Besuchergr­uppen müssen 1,5 Meter Abstand gehalten werden – damit bleiben deutlich mehr Plätze in einem Saal frei als besetzt werden können. Die Verbände HDF Kino und AG Kino – Gilde deutscher Filmkunstt­heater – haben diese Regelung bereits mehrfach scharf kritisiert. Sie verweisen unter anderem auf Nachbarlän­der, wo etwa nur ein

Meter Abstand gefordert ist. Tatsächlic­h fragen sich viele, warum etwa in Flugzeugen und Zügen fremde Menschen direkt nebeneinan­der sitzen können, während im Kino – wo die Sitze deutlich breiter sind – ganze Reihen gesperrt werden müssen.

Das andere große Problem sind allerdings die Filme selbst, genauer gesagt der Mangel an neuen Großproduk­tionen. Im Juni waren zunächst überwiegen­d kleine Werke in die Kinos gekommen, ab Juli soll es nun richtig losgehen. Im kommenden Monat starten neben den genannten deutschen Filmen „Takeover“und „Undine“auch „Berlin Alexanderp­latz“(16.7.). Vor allem aber Hollywood-produktion­en galten als wichtige Zugpferde. So sollten Ende des Monats Disneys „Mulan“und Christophe­r Nolans Thriller „Tenet“starten.

Nun jedoch haben die Studios die Reißleine gezogen und die weltweiten Starts dieser beiden Filme in den August verschoben – vorerst. Denn wenn die Kinos in großen Teilen der Welt wegen der Corona-pandemie noch nicht wieder oder nur deutlich eingeschrä­nkt geöffnet haben, dann wären auch die Einnahmen viel niedriger. Solche Verluste will kein Studio riskieren, besonders nicht bei Filmen, die viele Millionen Us-dollar gekostet haben. Bis sich die Aussichten in dieser Hinsicht spürbar verbessern, dürfte noch einige Zeit vergehen.

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Foto: Disney, dpa Verschoben: „Mulan“mit Yifei Liu in der Titelrolle.

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