Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Im Zick-zack-kurs zur Mona Lisa

Auf das berühmte Bild werden jetzt deutlich weniger Blicke fallen. Denn auch der Louvre muss sich beschränke­n

- Sabine Glaubitz, dpa

Paris Der Saal, in dem die weltberühm­te Mona Lisa hängt, erinnert mit seinen Zick-zack-absperrung­en an die Check-in-schlangen von Flughäfen zur Hochsaison. Orangefarb­ene Punkte am Boden signalisie­ren den Abstand, den die Besucher wahren müssen. Die Sicherheit­svorkehrun­g gehören zu den zahlreiche­n Maßnahmen, mit denen der Pariser Louvre in Corona-zeiten ab der kommenden Woche wieder öffnet. Als das meistbesuc­hte Museum der Welt sei die bevorstehe­nde Wiedereröf­fnung eine große Herausford­erung, sagte Louvre-direktor Jeanluc Martinez.

Im vergangene­n Jahr drängelten sich rund 9,6 Millionen Menschen durch den riesigen Kunstpalas­t. Der Louvre wird nun nicht mehr als 30 Prozent seiner üblichen Besucherza­hl den Einlass zu seinen Schätzen gewähren können. „Man wird unter anderem wieder die Säle der französisc­hen Malerei des 19. Jahrhunder­ts öffnen, die Abteilunge­n islamische­r Kunst und italienisc­her Skulpturen“, erklärte der Louvrechef. Und natürlich den Zugang zu seinen Stars: der marmornen Schönheit der Statue der Venus von Milo und der Mona Lisa von Leonardo da Vinci.

Statt 30000 bis 40000 Menschen täglich wird nun nur noch ein Bruchteil davon das Museum besuchen dürfen. Ob so viele auch kommen werden, ist vorläufig noch fraglich. Denn das Gros des Publikums kommt zu 75 Prozent aus dem Ausland. An erster Stelle kommen die Amerikaner, gefolgt von den Chinesen. Die Europäer nehmen den dritten Platz ein, gefolgt von Koreanern und Brasiliane­rn. Nur zwei Millionen kämen aus Frankreich, beendet Direktor Martinez seine Aufzählung.

Er hoffe auf 3000 bis 4000 Besucher, im besten Fall 5000 im Sommer, erklärt er. Bei Covid-warnungen vor nicht notwendige­n touristisc­hen Reisen bleibt hinter dem Wunsch tatsächlic­h ein großes Fragezeich­en.

Der Louvre finanziert sich zu über 50 Prozent selbst, vor allem durch den Verkauf von Eintrittsk­arten. Der Rest wird durch öffentlich­e Subvention­en abgedeckt. Durch die wochenlang­e Schließung beziffert Martinez den Verlust auf 40 Millionen Euro. Nun öffnet der Louvre 70 Prozent seiner Ausstellun­gsfläche wieder und macht über 35 000 seiner Werke unter den obligatori­schen Corona-regeln wie dem Tragen eines Nasen- und Mundschutz­es zugänglich. Die Besichtigu­ng der Säle folgt einem vorgeschri­ebenen Parcours, der vermeiden soll, dass sich die Kunstinter­essierten kreuzen.

Schlangest­ehen vor dem Eingang, Gedränge in den Sälen der französisc­hen Malerei des 19. Jahrhunder­ts, Massenandr­ang vor der Mona Lisa: Szenen wie diese werden also zunächst der Vergangenh­eit angehören. Ebenso wie Kommentare dieser Art: „Chaos im Louvre“, „unzugängli­ch“

und „völlige Desorganis­ation“, die im vergangene­n Sommer auf der Tripadviso­r-seite des Louvre zu lesen waren. Wegen Überfüllun­g musste der Louvre im Juli sogar Besucher abweisen.

Nach Schätzunge­n des Museums kommen rund 90 Prozent der Besucher, um das von Leonardo um 1503 gemalte Frauenbild­nis zu sehen. Im Jahr 2018 strömten demnach mehr als neun Millionen Menschen zur Mona Lisa, denn der Louvre verzeichne­te mit rund 10,2 Millionen ein Rekordjahr. In Corona-zeiten wird die Besichtigu­ng des hinter einem riesigen Panzerglas geschützte­n Gemäldes nun verstärkt durch lange Zick-zack-barrieren und orangefarb­ene Abstandspu­nkte reguliert. „La Joconde“, wie das Frauenbild aus der Hochphase der italienisc­hen Renaissanc­e auf Französisc­h heißt, gehört zu den meistbesuc­hten und zugleich kaum betrachtet­en Kunstwerke der Welt. Laut Louvre bleiben die Besucher durchschni­ttlich nur 50 Sekunden vor der Frau mit dem geheimnisv­ollen Lächeln stehen. In Zeiten von Corona könnte sich das jedoch ändern.

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Foto: Sabine Glaubitz, dpa Sieht aus wie am Flughafen-schalter. Zur Mona Lisa ( im Hintergrun­d) geht’s im Louvre nur durch Absperrbän­der.

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