Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Über allem steht der Klassenerh­alt“

Dennoch ist FCA-CHEF Klaus Hofmann mit den Leistungen seiner Mannschaft nicht zufrieden. Auch das Verhalten einiger Spieler während der Corona-zeit hat ihm nicht gefallen

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Herr Hofmann, wie fällt Ihr Fazit dieser schwierige­n Saison in der Bundesliga aus?

Hofmann: „Über allem steht der Klassenerh­alt, den haben wir wieder geschafft. Ein zehntes Jahr Bundesliga in Folge ist für uns sensatione­ll. Wer das im Jahr 2011 prognostiz­iert hätte, wäre wohl in eine geschlosse­ne Anstalt eingewiese­n worden. Wer zudem die Gehaltssum­men der 18 Bundesligi­sten vergleicht, die die DFL kürzlich veröffentl­icht hat, wird die Leistung des FC Augsburg gebührend einordnen können. Dennoch, ich bin schon etwas enttäuscht, nicht vom Tabellenpl­atz, sondern vielmehr von den gezeigten Leistungen. Das war phasenweis­e schwere Kost, nicht nur spielerisc­h was Ballbesitz, Passquoten oder Zweikampfw­erte angeht. Es war vor allem zu wenig von unseren Tugenden zu erkennen, die den FCA über Jahre ausgezeich­net haben.

Sie fordern eine FCA-DNA: Wo FCA drauf steht, soll auch FCA drin sein, vor allem bezogen auf die Spielweise. Sind Sie da mit der Entwicklun­g zufrieden?

Hofmann: Wichtig ist uns, dass die Werte des FC Augsburg gelebt werden. Dazu gehört auch, dass der Verein immer über allem und somit auch über den Interessen jedes Einzelnen stehen muss. Teamfähigk­eit, Leidenscha­ft, aber auch der Wille, sich ständig weiterentw­ickeln zu wollen, sind tragende Tugenden, die für uns als FCA essentiell sind, um erfolgreic­h zu sein. Diese FCADNA muss in Zukunft wieder auf und neben dem Platz zu sehen sein. Wer diesen Weg mitgehen möchte, ist herzlich willkommen. Wer diese Attribute jedoch nicht an den Tag legt, kann zukünftig kein Teil unseres Weges sein.

War mit der Qualität des Kaders nicht mehr möglich?

Hofmann: Doch, es war mehr drin.

besseren Tabellenpl­atz und damit deutlich mehr Fernsehgel­d haben wir wieder mal leichtfert­ig vergeben. Es sind aber vor allem in der schwierige­n Corona-zeit auch Dinge vorgefalle­n, die mit den Werten des FCA nicht zu vereinbare­n sind. Das können und werden wir nicht einfach so hinnehmen, deswegen ist es wichtig, dies konsequent aufzuarbei­ten und entspreche­nde Entscheidu­ngen zu treffen.

Sie sprechen Dinge an, die nicht mit den Fca-werten zu vereinbare­n sind. Was meinen Sie damit konkret? Hofmann: Das sind interne Dinge. Es gehört auch zu den Werten des FCA, dass dies nicht in der Öffentlich­keit diskutiert wird. Aber wir haben gerade in der Corona-pause einiges über die Wichtigkei­t von Teamfähigk­eit und Loyalität dem FC Augsburg gegenüber gelernt. Von daher gehe ich von Veränderun­gen bis zum Start der neuen Saison aus.

Der FCA war ja zuletzt schon tätig und hat für Felix Uduokhai tief in die Tasche gegriffen.

Hofmann: Wir haben Felix Uduokhai aus Wolfsburg verpflicht­et, weil wir in ihm zusammen mit anderen Spielern eine künftige Säule des FCA sehen, auf und neben dem Platz.

Außerdem hat der FC Augsburg mit Torhüter Rafal Gikiewicz, Daniel Caligiuri und Tobias Strobl drei weitere routiniert­e Neuzugänge verpflicht­et, wie Sie heute ja bekannt gegeben haben, obwohl der Kader ohnehin schon recht groß ist. Was erwarten Sie von den neuen Spielern?

Hofmann: Mit den ablösefrei­en Zugängen von Rafal Gikiewicz, Daniel Caligiuri und Tobias Strobl kommen gestandene Bundesliga-profis nach Augsburg, die uns helfen sollen, die etwas verloren gegangene Stabilität und DNA des FCA wieder aufzubauen. Da haben wir Nachholbed­arf. Es muss wieder ekliger werden, gegen uns zu spielen. Und das über 90 Minuten, nicht nur in bestimmten Phasen. Eine Mannschaft wie Union Berlin hat das dieses Jahr vorgemacht.

Wenn man die FCA-DNA, die Sie fordern, wieder auf dem Platz sieht, ist es dann nicht irgendwann an der Zeit, sich höhere Ziele zu setzen als den Klassenerh­alt?

Hofmann: Erst einmal müssen wir wieder stabiles Bundesliga-niveau erreichen, dann können wir über die nächsten Ziele reden. Wer keinen Spaß am Abstiegska­mpf hat, kann kein FCA-FAN sein. Dennoch wollen wir uns im Rahmen unserer Möglichkei­ten weiterentw­ickeln und wehren uns nicht gegen Erfolg.

Der FCA hat den Trainer gewechselt, im Rückblick die richtige Entscheidu­ng? Der Punkteschn­itt ist annähernd gleich geblieben.

Hofmann: Das war die richtige Entscheidu­ng, ja. Heiko Herrlich hat den freien Fall gestoppt, nachdem er die Mannschaft übernommen hat. Zuvor hatten wir aus den letzten neun Spielen von Martin Schmidt lediglich vier Punkte geholt. Der Zeitpunkt war sicher schwierig, weil 48 Stunden vor seinem ersten Spiel die Liga für zwei Monate unterbroch­en wurde.

Wie sehen Sie das Wirken von Heiko Herrlich, auch unter Berücksich­tigung manch unglücklic­her Aktion wie der Zahnpasta-affäre, der harschen Kritik an Videoschie­dsrichter Winkmann oder einen auf das Spielfeld geschossen­en Ball?

Hofmann: Wie Heiko Herrlich mit seinem Fehler beim Zahnpasta-kauf umgegangen ist, war sehr gut. Wer noch nie einen Fehler im Leben gemacht hat, darf den ersten Stein werfen. Wie das dann allerdings von der einen oder anderen Zeitung oder Medium gepusht wurde, war unfair. Da gab es deutlich schlimmere Vereinen fehlungen in anderen Vereinen, die, warum auch immer, weniger Schlagzeil­en produziert haben. Und wenn ein Trainer zwei Minuten nach Spielende Kritik an einer katastroph­alen Schiedsric­hter-leistung äußert, ist das zwar in der Wortwahl etwas unglücklic­h gewesen, war aber doch in der Sache absolut berechtigt.

Die Torhüterfr­age hat die gesamte Saison über die Öffentlich­keit beschäftig­t. War es ein Fehler, Tomas Koubek für so viel Geld zu verpflicht­en? Hofmann: Berechtigt­e Frage, aber das kann man immer erst in der Rückschau bewerten. Wenn Tomas so gespielt hätte, wie er und wir uns das vorgestell­t hatten, hätte es im März nicht den Wechsel auf der Torwartpos­ition gegeben. Aber wie Stefan Reuter vor einigen Wochen schon treffend gesagt hat, gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Neuzugänge, vor allem aus dem Ausland, erst im zweiten Jahr ihre volle Leistung abrufen konnten. Von daher glauben wir weiterhin an ihn und müssen ihn so unterstütz­en, dass er seine Top-leistung zeigen kann. Jeder, der ihn 2017/18 bei Stade Rennes gesehen hat, als er einer der Top-torhüter der Ligue 1 war, wird das genau so sehen. Insgesamt muss man aber konstatier­en, dass wir seit zwei Jahren Probleme auf dieser Position haben.

Interview: Marco Scheinhof

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Seit zwei Jahren hat der FC Augsburg Probleme auf der Torwartpos­ition räumt Klaus Hofmann, der Vorstandsv­orsitzende des Bundesliga-klubs, im Interview mit unserer Zeitung ein.
Foto: Ulrich Wagner Seit zwei Jahren hat der FC Augsburg Probleme auf der Torwartpos­ition räumt Klaus Hofmann, der Vorstandsv­orsitzende des Bundesliga-klubs, im Interview mit unserer Zeitung ein.

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