Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ein Routinier geht, drei kommen
Stephan Lichtsteiner verabschiedet sich auf Instagram. Der FCA bestätigt die Transfers von Daniel Caligiuri, Rafal Gikiewicz und Tobias Strobl. Sie sollen auf dem Spielfeld Verantwortung übernehmen
Sein letztes Spiel für den FC Augsburg verfolgte Stephan Lichtsteiner wie zuletzt des Öfteren von der Tribüne aus. Zwar hatte Rechtsverteidiger Raphael Framberger gegen RB Leipzig mit muskulären Problemen passen müssen, doch anstatt auf den 36-jährigen Schweizer zu setzen, ließ Trainer Heiko Herrlich lieber Tin Jedvaj auflaufen. Am nächsten Tag dann bestätigte der Schweizer auf Instagram, dass er nach einem Jahr Augsburg verlassen wird.
Unter einem Video, das aus Bildern seiner FCA-ZEIT erstellt wurde, schreibt er unter anderem: „Servus FCA... Hat Spaß gemacht mit Euch.“Und verabschiedet sich mit „Hopp FCA... weiter, immer weiter! Un abbraccio (eine Umarmung)“.
Es war keine Überraschung mehr, dass der Ein-jahres-vertrag zum 30. Juni auslaufen würde. War der Kapitän der Schweizer Nationalmannschaft unter Trainer Martin Schmidt meist noch gesetzt, vertraute Herrlich lieber auf den jüngeren Framberger, dem 24-jährigen Eigengewächs. Dessen Vertrag läuft bis 2024, er gilt aber als verletzungsanfällig. Trotzdem, Lichtsteiner stand in der Rückrunde nur noch vier Mal von Beginn an auf dem Feld.
Dabei erregte der FCA mit dem ablösefreien Transfer Lichtsteiners vom FC Arsenal nach Augsburg enormes Aufsehen. Denn dass der Abwehrspezialist nach sieben Meistertiteln mit Juventus Turin und dem Europa-league-finale mit dem Londoner Klub ausgerechnet zum kleinen FC Augsburg in die Bundesliga kam, überraschte doch viele.
Der Routinier sollte mit seiner Erfahrung die Abwehr stabilisieren und den jungen Spielern als Vorbild dienen. Im Training und in der Kabine war er auch der Vorzeigeprofi, der vorlebte, was es braucht, um auf höchsten Niveau Fußball spielen zu können. Er war oft der Erste bei den Stabilitätsübungen vor und oft der Letzte bei den Regenerationsübungen nach den Einheiten. Doch auf dem Spielfeld hatten sich beide Parteien sicher mehr erhofft.
Lichtsteiner wollte sich neben der italienischen Serie A und der englischen Premier League in einer weiteren europäischen Top-liga beweisen, was nur bedingt gelang.
Denn im oft rustikal vorgetragenen Augsburger Umschaltspiel war es Lichtsteiner nicht mehr möglich, die rechte Außenbahn mit jugendlichem Tempo zu beackern. Dazu kam es auch, dass es Lichtsteiner jahrzehntelang gewöhnt war, mit
Topstars zusammenzuspielen, denen die beiden Worte „unnötige Ballverluste“vollkommen fremd waren. Dann im Gegensatz dazu in Augsburg immer wieder schnell umzuschalten oder viele Wege einfach umsonst zu gehen, fiel Lichtsteiner immer schwerer. Er wirkte oft frustriert, was er immer wieder an den Schiedsrichtern ausließ. Nun verlässt der ehemalige Weltklassespieler Augsburg mit einem unbefriedigenden Gefühl und kehrt zu seiner Familie in die Schweiz zurück. Gut möglich, dass der in Adligenswil (Kanton Luzern) geborene Innerschweizer in seiner Heimat seine Karriere fortsetzen wird. Der FC Zürich und Grasshoppers Zürich sollen Interesse bekundet haben.
Dass Lichtsteiner den FCA verlassen wird, bedeutet aber nicht, dass der Bundesligist in der neuen Saison vermehrt auf junge Spieler wie Raphael Framberger setzen wird. Ganz im Gegenteil. Denn die erste wichtige Erkenntnis der Saison-analyse, die Manager Stefan Reuter angekündigt und auch schon längst begonnen hat, lautet wohl, dass man es den bisherigen Anführern im Team wie Jeffrey Gouweleeuw, Alfred Finnbogason und Daniel Baier nicht mehr zutraut, die Mannschaft in der neuen Saison so zu führen, wie man es sich wünscht.
Deshalb kommen im ersten Transferschub, wie bereits berichtet, drei ablösefreie Routiniers mit Führungsqualitäten. Am Montag bestätigte der FCA die Wechsel. Tobias Strobl, 30, von Borussia Mönchengladbach (Vertrag bis 30. Juni 2023) ist für das defensive Mittelfeld vorgesehen, Daniel Caligiuri, 32, von Schalke 04 (Vertrag bis 30. Juni 2023) kommt als Lichtsteinerersatz und Rafal Gikiewicz, 32, von Union Berlin (Vertrag bis 30. Juni 2022) soll das Torhüter-problem dauerhaft lösen.