Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Zeit der starken Frauen
Gleich fünf tolle Indie-neuheiten
Natürlich ist der Titel ein Witz, aber auch ein bitterer. „Women In Music Pt. III“haben die drei formidablen Haim-schwestern aus Los Angeles ihr drittes Album getauft und darauf auch Erfahrungen verarbeitet, wie es eben noch immer ist für Frauen in der Musik – vor allem, wenn es außerhalb des Hitparaden-pops ist, in dem sie mit Beyoncé, Adele & Co. längst die Regentschaft übernommen haben. Anzügliches von den meist männlichen Interviewern, im Instrumentengeschäft bei der Frage nach einer Gitarre selbstverständlich ein Anfängermodell in die Hand gedrückt bekommen… Dabei haben Haim ja bereits mit den Vorgängeralben für Furore gesorgt, mit ihrem souveränen Retro-pop, der mit den drei Stimmen und feinen Gitarrenbass-kombinationen so wunderbar leicht daherkommt – und dabei wie auf dem neuen Album bildstark und so traurig sein kann. Sehr schön!
In die gleiche Liga gehört bald auch die Vierfrauen-kombo Hinds aus Spanien, die auf ihrem neuen, ebenfalls dritten Album „The Prettiest Curse“erstmals auch ein bisschen in ihrer Muttersprache singen. Aber vor allem klingen sie nun viel weniger charmant roh als überzeugend kunstvoll.
Deutlich ruppiger, mit starkem Bluesrock, zeigen sich Larkin Poe – und für witzige Titel mit Emanzipationsnote hat auch das Usfrauen-duo einen Sinn. Das so coole wie kraftvolle Album heißt „Self Made Man“, der erste Song erweitert das gleich erklärend in „She’s A Self Made Man“– und Gitarre wie Stimme wirken dabei so unangreifbar, als erstünde endlich der bessere, weiblichere 80er-rock auf. Und der wird mit Songs wie „Keep Diggin’“auch noch tanzbar.
Der Titelulk hätte auch von Jehnny Beth stammen können, eigentlich Sängerin der tollen Vier-londonerinnen-band Savages. Wie die aber immer experimentell und dunkel waren, ist es nun auch, wenn Jehnny Beth auf ihrem Solo-debüt „I’m The Man“singt: nicht Witz, sondern wütendes Kunstwerk. Und so ist das ganze Werk ein Post-punkrausch mit Ausdrucksgesang.
Schließlich ist auch die aktuelle Songwriter-perle weiblich. Lang erwartet, endlich da und tatsächlich (nach dem feinen Duett-werk mit Connor Oberst als Better Oblivion Cumminity) sehr schön: Phoebe Bridgers „Punisher“. Mal innig, mal rockig und immer ein bisschen Grunge: ein kleines frühes Meisterwerk der 25-jährigen Kalifornierin.