Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Zweimal Bulle, immer Bulle? Na Logo!
Wer seine Fans gegen sich aufbringen will, ist gut beraten, an Traditionen zu rütteln. Je liebgewonnener, desto besser. Das altehrwürdige Stadion durch eine Hightech-arena ersetzen? Vereinslegenden schassen? Eine neue, poppigweichgewaschene Vereinshymne? Alles zuverlässige Aufreger. Auch ein neues Vereinslogo gehört in diese Kategorie, wie aktuell die Macher von Girondins Bordeaux erleben.
Der Fußball-klub im Südwesten Frankreichs, vor knapp 140 Jahren gegründet, ist der zweitälteste des Landes. Dass die Klubführung kürzlich das Logo geändert hat, brachte das Fass zum Überlaufen, in dem sich der Groll der Anhängerschaft angestaut hatte: gegen den Hedgefonds, in dessen Händen der Verein liegt – und die Kommerzialisierung, mit der der Verein offener gegenüber internationalen Märkten, pardon, weltoffener werden will. Tausende gingen auf die Straße.
Mon Dieu, denkt man sich in Leipzig, was soll die Aufregung? Auch dort, bei Rasenball, hat man das Logo neu gestaltet. Kompakter. Wesentliche Änderungen: Die zwei Bullen rücken in den Vordergrund und Konturen werden weniger. Man werde damit den Anforderungen der Digitalisierung gerecht, verlautbullte der Klub. Und: „Das Logo ist bei gleichem Raumangebot größer als bisher.“Damit, die Vorgaben der DFL auszureizen, kennt man sich in Leipzig nun einmal aus.
Wer nun einen Proteststurm à la Bordeaux erwartet hat, täuscht. Warum, liegt auf der Hand: Die demokratischen Strukturen des Vereins funktionieren. Der große Bulle hat aus Tradition ein Ohr für seine Mitglieder. Er bindet sie in seine Entscheidungen ein, er lässt sie teilhaben. Das war schon immer so – auch bei vorherigen Logo-änderungen. Glauben Sie nicht? Fragen Sie bei den stimmberechtigten Mitgliedern nach. Bei 19 dürfte das schnell gehen.