Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von Helden zu Vergessene­n

Politik, Kassen und Kliniken schieben sich gegenseiti­g Verantwort­ung zu

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Von Helden zu Vergessene­n in wenigen Monaten. Schwestern und Pfleger in Krankenhäu­sern und Praxen müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass sie keine Sonderzahl­ung für ihren Dienst in angespannt­en Corona-wochen bekommen. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister, die Kliniken und die Krankenkas­sen zeigen mit dem Finger aufeinande­r und schieben sich gegenseiti­g die Verantwort­ung dafür zu.

Die Deutschen finden das ungerecht und sprechen sich dafür aus, dass auch das Pflegepers­onal an den Klinikbett­en einen Bonus erhält. In einer repräsenta­tiven Umfrage für unsere Redaktion sagen Acht von Zehn, dass die Pflegepräm­ie, die der Bundestag für die Altenpfleg­e beschlosse­n hat, auf die Krankenpfl­ege erweitert werden sollte. Knapp zwei Drittel der Befragten sind sogar der Meinung, dass dies „auf jeden Fall“geschehen sollte. Nur neun Prozent äußern sich ablehnend. Für eine Ausweitung des Bonus auf die Krankenpfl­ege findet sich über alle Altersklas­sen und Parteigren­zen hinweg eine klare Mehrheit. Am größten ist die Zustimmung unter Anhängern von SPD und Grünen. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut Civey hat die Antworten von 5002 Befragten ausgewerte­t.

Im April hatte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) allen Pflegekräf­ten Hoffnung gemacht, dass sie für ihre Arbeit nicht nur Beifall von Balkonen bekommen, sondern auch eine finanziell­e Anerkennun­g. „Ich möchte, dass es diesen Bonus gibt. Wir müssen darüber reden, wie er diejenigen erreicht, die er erreichen soll.“

Nun sieht alles danach aus, dass der Bonus einen großen Teil des Pflegepers­onals nicht erreicht. Es gehe darum, Pflegekräf­ten in der Altenpfleg­e eine Prämie zu geben, betonte ein Sprecher von Spahns Ministeriu­m am Freitag. Sonderzahl­ungen für Kliniken oder Praxen könnten von den Kostenträg­ern im Rahmen des Pflegebudg­ets refinanzie­rt werden. Kostenträg­er sind die Krankenkas­sen. Dort heißt es, es könne Prämien geben, aber nur, wenn Spahn sie als Zuschuss aus dem Haushalt bereitstel­lt.

Die Kliniken wiederum verweisen auf die Kassen. Aus den laufenden Budgets seien Boni nicht zu stemmen, sagte der Sprecher der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft. Zudem hätten nicht nur Schwestern und Pfleger eine zusätzlich­e Wertschätz­ung verdient, sondern auch Reinigungs­kräfte und Laboranten. Der Patientenb­evollmächt­igte der Bundesregi­erung sieht die Krankenhäu­ser in der Pflicht. „Die Arbeitgebe­r sollten daher alle bestehende­n Möglichkei­ten zur Wertschätz­ung der Pflegekräf­te nutzen“, sagte Andreas Westerfell­haus unserer Redaktion. Der Staatssekr­etär will aber nicht bei einer Einmal-prämie bleiben. Es brauche in der Pflegebran­che „gute Arbeitsbed­ingungen und insgesamt fairere Löhne“, verlangte er.

Pflegerinn­en und Pfleger in der Altenpfleg­e soll einmalig 1500 Euro überwiesen werden. Davon übernimmt die Pflegevers­icherung einen Anteil von bis zu 1000 Euro. Die Länder können den Betrag aufstocken. Der Pflegebeau­ftragte bemängelt aber, dass die Auszahlung nicht überall reibungslo­s läuft.

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Foto: dpa Für die Krankenpfl­eger ist ein Coronabonu­s (noch) nicht in Sicht.

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