Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wilhelm will nicht mehr
Br-intendant hört nächstes Jahr auf
München Selbst Branchenkennern und hochrangigen Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat Ulrich Wilhelm in den vergangenen Monaten Rätsel aufgegeben: Will der 59-jährige Chef des Bayerischen Rundfunks bleiben oder nicht? Seit Freitagmittag ist seine Entscheidung öffentlich, der BR berichtete in eigener Sache: Intendant Ulrich Wilhelm stehe für eine weitere, dritte Amtsperiode nicht zur Verfügung.
Wilhelm wurde in der Pressemitteilung mit den Worten zitiert, er habe sich nach „reiflicher Überlegung und intensiver Abwägung der Argumente Pro und Kontra“und „zugegebenermaßen schweren Herzens“zu diesem Schritt entschlossen. Zehn Jahre voller spannender Herausforderungen seien eine gute Zeit. Wilhelm betonte besonders, dass er die Transformation des BR zu einem trimedialen Medienhaus mitgestalten habe dürfen. Trimediales Arbeiten bedeutet, dass die früher getrennten Bereiche Fernsehen, Radio und Online zunehmend verschmelzen.
Was diese Umstrukturierung angeht, galt Wilhelm Ard-intern als einer der Vorreiter. Was er ebenfalls in den letzten Jahren kräftig vorantrieb, war seine Idee einer europäischen Plattform für Medien und Kultur – als Gegengewicht zu Facebook, Google oder Youtube. In den Internetgiganten sah er die schärfsten Konkurrenten für die beitragsfinanzierten Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio. Es blieb allerdings bei seiner Vision. Bereits spekuliert wird, dass er sein Herzensprojekt auf Ebene der EU weiterverfolgen könnte – in welcher Funktion auch immer. Mit den Mechanismen der Politik jedenfalls kennt sich der ehemalige Regierungssprecher von Kanzlerin Angela Merkel aus.
Seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger könnten im Oktober auf der Herbstsitzung des Br-rundfunkrats gewählt werden. Ulrich Wilhelm will nach eigenen Angaben im Februar 2021 sein „Haus“übergeben.