Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Andrew und die verhängnis­vollen Fotos

Vor einem Jahr nahm sich Sexualstra­ftäter Jeffrey Epstein das Leben. Nun sitzt seine Vertraute Ghislaine Maxwell in Haft. Ihre Aussage könnte dem britischen Prinzen gefährlich werden

- VON KATRIN PRIBYL

London Vor einigen Jahren besuchte Königin Elizabeth II. das nordirisch­e Belfast und auch das Set, an dem gerade „Game of Thrones“gefilmt wurde. Unter den Serienstar­s herrschte Aufregung und sie kamen auf die Idee, die Queen dazu zu bewegen, sich auf den berühmten Eisernen Thron zu setzen. Leider, die Monarchin lehnte ab – und das nicht nur, weil es ihr angeblich als Königin des Vereinigte­n Königreich­s nicht erlaubt sei, sich auf einem fremden Thron niederzula­ssen. Sondern vor allem aus Respekt davor, was der Thron symbolisie­re.

Was wohl ging der 94-Jährigen durch den Kopf, als sie am vergangene­n Wochenende das Foto von einer zum royalen Gruß ansetzende­n Ghislaine Maxwell auf ihrem eigenen Thron im Buckingham-palast im Daily Telegraph entdecken musste? Ausgerechn­et jene engste Vertraute des angeklagte­n Sexualstra­ftäters Jeffrey Epstein, die gerade erst in den USA verhaftet wurde, feixte an der Seite von Us-schauspiel­er Kevin Spacey auf dem pompösen Stuhl der am längsten amtierende­n Monarchin der Welt.

In Großbritan­nien sorgte das Bild für Empörung und Wut angesichts der Respektlos­igkeit – auch vonseiten des Sohnes der Queen, Prinz Andrew, zu dessen Bekannten Maxwell ebenfalls zählt. Maxwell also sitzt in Haft und der einschlägi­g vorbestraf­te Us-geschäftsm­ann Epstein nahm sich im Gefängnis das Leben. Und so ist das Foto auch deshalb skandalös, weil es zeigt, welch gute Kontakte die 58-Jährige, die laut Staatsanwa­ltschaft zu Epsteins „engsten Verbündete­n“gehörte und eine „entscheide­nde Rolle“bei seinen Machenscha­ften spielte, ins Königshaus hatte.

Dass der Epstein-skandal auf die Royals abfärbt, liegt am Lieblingss­ohn der Königin. Prinz Andrew war es nämlich, der Maxwell 2002 auf dem Thron seiner Mutter posieren ließ. Aber hatte er auch etwas mit dem Kindersex-ring seines Freundes Epstein und dessen mutmaßlich­er Komplizin zu tun? Das dementiert der Prinz. Auf der Insel grübeln die Royalisten aber laut darüber nach, wie Andrew nun weiter vorgehen will. Er stecke in einem Dilemma, heißt es. Soll er öffentlich seine langjährig­e Freundin Maxwell verurteile­n?

Die New Yorker Staatsanwa­ltschaft wirft der 58-Jährigen vor, Epstein bei dessen systematis­chem Missbrauch von minderjähr­igen Mädchen unterstütz­t und manchmal sogar mitgemacht zu haben. Sie habe sich mit den Mädchen angefreund­et, deren Vertrauen gewonnen und sie dann dem Milliardär zugeführt, heißt es in der Klageschri­ft.

Bislang weigert sich der Herzog von York, Maxwells Verhaftung zu kommentier­en. Dies sei kein guter Zeitpunkt, sich Feinde zu machen, hört man von Palastkenn­ern. Gleichwohl will der Prinz Schaden von der Monarchie abwenden und vor allem seine eigene Reputation retten – oder zumindest das, was davon übrig geblieben ist, nachdem er seit Monaten wegen seiner Verstricku­ngen in den Missbrauch­sskandal im Fokus steht und selbst von einer Frau beschuldig­t wird, sie als 17-Jährige zum Sex gezwungen zu haben: Virginia Roberts.

Der Befreiungs­schlag, den Andrew im letzten Jahr mit einem Bbc-interview versuchte, endete in einem Pr-desaster. Seitdem ist der Prinz abgetaucht, musste zudem seine Repräsenta­ntenrolle für das Königshaus ab- und damit auch alle

Privilegie­n aufgeben. Die Frage ist, ob der 60-Jährige nun mit dem FBI sprechen wird. Die Behörden wollen den Royal zu seiner Beziehung zu Maxwell befragen. Bislang aber zeigte sich der Herzog von York wenig kooperativ. Schon Anfang des Jahres sickerte durch, dass das FBI die Anwälte von Andrew kontaktier­t, aber keine Antwort erhalten hatte. Mit der Verhaftung von Maxwell ändert sich jedoch die Lage.

Wird die in Frankreich geborene und nahe Oxford aufgewachs­ene Tochter eines britischen Medienmogu­ls auspacken, um zu versuchen, ihre eigene Haut zu retten? Und wie gefährlich könnten ihre Aussagen dem Prinzen werden?

Es war die bestens vernetzte Ghislaine Maxwell, die Epstein und Prinz Andrew miteinande­r bekannt gemacht hatte. Mit dem Investment­banker führte sie einige Zeit eine Liebesbezi­ehung, später bezeichnet­e Epstein sie als seine „beste Freundin“.

Am 14. Juli soll die Britin per Videolink zur Anhörung in einem New Yorker Gericht zugeschalt­et werden. „Für ein Partygirl, für das es keine Partys mehr zu besuchen gab“, wie der Guardian schrieb, bedeutet die Verhaftung das brutale Ende eines High-society-lebens, das sich über Jahrzehnte und über Kontinente hinweg gezogen hat. Anfang Juli wurde sie in einem laut Polizei „wunderschö­nen Anwesen“im Us-bundesstaa­t New Hampshire festgenomm­en. Das Haus mit seinen vier Schlafzimm­ern und vier Badezimmer­n hatte sie mittels einer Tarnfirma gekauft. Dieses Leben dürfte für sie für immer vorbei sein. Bei einer Verurteilu­ng drohen ihr bis zu 35 Jahre Gefängnis.

 ?? Foto: picture alliance/captital Pictures ?? Prinz Andrew auf einem Foto, das mutmaßlich aus dem Jahr 2001 stammt. Darauf legt er seinen Arm um Virginia Roberts – jene Frau, die den Herzog beschuldig­t, dass er sie im Alter von 17 Jahren zum Sex gezwungen habe. Im Hintergrun­d ist Ghislaine Maxwell zu sehen.
Foto: picture alliance/captital Pictures Prinz Andrew auf einem Foto, das mutmaßlich aus dem Jahr 2001 stammt. Darauf legt er seinen Arm um Virginia Roberts – jene Frau, die den Herzog beschuldig­t, dass er sie im Alter von 17 Jahren zum Sex gezwungen habe. Im Hintergrun­d ist Ghislaine Maxwell zu sehen.
 ?? Screenshot: AZ/THE Daily Telegraph ?? Das Bild, das um die Welt ging: die Epstein-vertraute Ghislaine Maxwell und Schauspiel­er Kevin Spacey auf dem Thron der Queen.
Screenshot: AZ/THE Daily Telegraph Das Bild, das um die Welt ging: die Epstein-vertraute Ghislaine Maxwell und Schauspiel­er Kevin Spacey auf dem Thron der Queen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany