Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Uefa, Helmer und der Verlierer-cup

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Oberste Regel für alle, die sich mit Fußballern über deren gewonnene Titel unterhalte­n: Es gibt keine unwichtige­n Titel. Der Karlsruher SC wies in den 90er Jahren teilweise in seinem Briefkopf darauf hin, 1995 die deutsche Hallenmeis­terschaft gewonnen zu haben. Generation­en von Hobbykicke­rn folgen dem badischen Beispiel und weisen in den sozialen Netzwerken darauf hin, in welchem Jahr sie Mitglied der Sensations­truppe waren, die den Aufstieg in die A-klasse perfekt gemacht hat.

Und noch eine Regel: Keiner dieser stolzen Titelträge­r möchte gerne Hinweise darauf hören, die seine epochalen Leistungen schmälern könnten. Dass beim Getränkema­rkt-hoffmann-cup 1997 nur fünf Mannschaft­en antraten, von denen eine Truppe sich wegen der Restalkoho­lisierung kaum auf den Beinen halten konnte – wer will das denn so genau wissen? Passt eben nicht zum Bild der legendären Fußballsch­lacht.

Einer, der sich in der Disziplin jedoch besonders hervor getan hat, ist Franz Beckenbaue­r. Als die Bayern in den 90ern mal im Uefa-cup antreten mussten und nicht in der Champions League spielen durften (echt so passiert, kein Spaß), frotzelte der Kaiser: Dieser ganze Wettbewerb sei der Cup der Verlierer. Ein echtes Beckenbaue­r-bonmot. Seitdem begleitet den Cup diese Schmähung – daran konnte auch die Umbenennun­g in „Europa League“nichts ändern.

Das passt natürlich so überhaupt nicht zusammen mit den Ambitionen, die der europäisch­e Fußballver­band Uefa als Ausrichter des Turniers hat. Bei den Silberrück­en aus Nyon soll alles außergewöh­nlich und zukunftwei­send sein – und bitte schön nicht als Verlierer-cup verballhor­nt werden.

Insofern dürfte es rückblicke­nd keine besonders gute Idee der Uefa gewesen sein, zur Auslosung der Europa League Thomas Helmer als Losfee einzuladen. Der hat den Verlierer-cup zwar mit den Bayern (unter Trainer Beckenbaue­r) sogar mal gewonnen, ist aber fußballeri­sch eben auch mit dem Kaiser sozialisie­rt worden. Und als Helmer am Freitag die Lose zog, erzählte er freimütig davon, dass für Beckenbaue­r dieser Uefa-cup eben immer nur der „Cup of Losers“war. Gnihihi.

Dass die Kameras gerade in dieser Sekunde das Gesicht von Uefagenera­lsekretär Giorgio Marchetti einfingen, ist pures Comedy-gold. Mit der Contenance eines Mannes, dem ein schusselig­er Gast gerade die teure Ming-vase umgestoßen hat, lächelte Marchetti tapfer in die Kamera, den Blick auf einen entfernten Punkt an der Zimmerdeck­e gerichtet. Thomas Helmer wird wohl so schnell keine Einladung mehr bekommen. Zu dieser Verliererv­eranstaltu­ng.

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Foto: dpa Hat mal einen rausgehaue­n bei der Uefa: Thomas Helmer.
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