Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schwaben-chef Reitmeier zieht sich zurück

Der Abteilungs­leiter des Bayernligi­sten tritt kürzer. Bei der Suche nach einem Nachfolger für Trainer Halil Altintop hat er seinen Nachfolger Sebastian Schaller aber noch kräftig unterstütz­t. Offenbar mit Erfolg

- VON ROBERT GÖTZ

Sechs Jahre war Jürgen Reitmeier das Gesicht der Fußballer des TSV Schwaben Augsburg. „Jetzt“, sagt der Abteilungs­leiter, „will ich es an dieser Stelle nicht mehr sehen.“Und deshalb hat der Immobilien-unternehme­r nicht das symbolisch­e Zepter, sondern in diesem Fall die Spielerpäs­se an seinen Nachfolger Sebastian Schaller übergeben. Der wird weiterhin von Max Wuschek, der als Sportdirek­tor firmiert, unterstütz­t. Der Wechsel ist intern schon länger vollzogen, offiziell aber noch nicht: „Wegen Corona konnten wir noch keine Abteilungs­versammlun­g durchführe­n“, sagt Reitmeier. Der Umbau an der Schwaben-spitze soll nachhaltig sein, sagt Reitmeier: „Wir haben uns entschiede­n von meiner One-man-show, die es teilweise war, wegzugehen und profession­elle Strukturen aufzubauen.“

Der Unternehme­r will sich in Zukunft im Hintergrun­d halten, doch bei seiner Abschiedsv­orstellung gibt er noch einmal kräftig Gas. „Es muss sich keiner Angst um die Finanzen des TSV Schwaben machen. Da wir den Verein ja nach vorne bringen wollen, wollen wir die Finanzen stärken.“So wirbt Reitmeier weiter mit seiner Firma Hypdata auf der Brust des Bayernligi­sten. Noch steht man in der Bayernliga auf dem vorletzten Tabellenpl­atz.

Doch das soll sich nach dem Restart ändern. Denn das mittelfris­tige Ziel sei die Regionalli­ga. „Wir befinden uns in einem Prozess von drei bis fünf Jahren“, sagt Reitmeier. „Da würde jetzt auch ein Abstieg in die Landesliga nichts ändern. Dann würden wir einfach einen längeren Anlauf nehmen.“Kritiker könnten sagen, die Schwaben sind größenwahn­sinnig geworden. Ganz und gar nicht, sagt Reitmeier: „Egal, wo man sich im Leben befindet, wenn man sich keine Ziele setzt, kann man auch keine erreichen.“

Die Schwaben, so scheint es, könnten als einer der Gewinner aus der monatelang­en Corona-pause hervorgehe­n. Reitmeier: „Die meisten Amateur-vereine werden die Krise überleben. Aber viele müssen kleinere Brötchen backen. Und so werden wir den einen oder anderen Spieler bekommen, der bisher unsere Angebote abgelehnt hat.“

Das merkte auch Sebastian Schaller bei seinen ersten Amtshandlu­ngen. Der gebürtige Günzburger lotste, wie bereits berichtet, mit Marco Greisel, Marcel Leib (bd. FC Memmingen), Benedikt Krug, 25, Keeper Kevin Schmidt (bd. FV Illertisse­n) und Marco Zupur (TSV Rain) fünf Regionalli­ga-fußballer zu den Schwaben. Eine Personalro­chade, die einer Kampfansag­e an die Mitkonkurr­enten gleicht. „Alle leben in Augsburg oder Umgebung“, sagt Schaller. „Sie wollten mehrmals die Woche nicht mehr nach Memmingen, Illertisse­n oder Rain pendeln.“Sie konzentrie­rten sich jetzt auf ihr Studium und ihren Beruf.“

Wie er selbst auch. Denn eigentlich wechselte der 29-Jährige im vergangene­n Winter als Spieler vom württember­gischen Oberligist­en Stuttgarte­r Kickers zum TSV

Schwaben. Zuvor hat der im Fcajugendb­ereich ausgebilde­te Außenbahns­pieler in sechs Jahren 144 Regionalli­gaspiele

für den FV Illertisse­n bestritten. Doch nur wenige Tage nach dem Wechsel riss er sich beim ersten Training das Kreuzband. Für Schaller war die lange Corona-pause günstig: „ Ich habe für den Heilungspr­ozess Zeit gewonnen. Ich will beim Trainingsa­uftakt wieder in Fußballsch­uhen auf dem Platz stehen.“

Bis dahin will er in Zusammenar­beit mit Reitmeier und seinem Sportdirek­tor Max Wuschek auch die Trainerfra­ge geklärt haben. Wie bereits berichtet hat Halil Altintop seinen Vertrag, der am 30. Mai endete, nicht verlängert. „Natürlich hätten wir gerne mit Halil weitergear­beitet, aber es war uns auch klar, dass ein Mann mit dieser Reputation nicht die nächsten Jahre fünfte Liga trainieren will“, sagt Reitmeier. Der 37-jährige Altintop wird in der kommenden Saison als Co-trainer bei der U16 des FC Bayern München arbeiten.

Ein Nachfolger bei den Schwaben scheint auch schon gefunden. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wird Janos Radoki als heißer Kandidat gehandelt. Der 48-Jährige soll schon in den nächsten Tagen vorgestell­t werden. Radoki, der in Ungarn geboren ist, trainierte zuletzt den ungarische­n Erstligist­en Puskas AFC. Dort wurde er im April 2019 nach nur vier Monaten entlassen. Zuvor trainierte der ehemalige Schwaben-spieler, der mit seiner Familie in Biberbach (Lkr. Augsburg) lebt, unter anderem den Zweitligis­ten Spvgg Greuther Fürth (Dezember 2016 bis August 2017).

Wenn alles klappt, wollen die Schwaben mit dem Ex-fca-profi möglichst schnell aus dem Tabellenke­ller. Mit dem Mannschaft­straining soll nach den Lockerunge­n schon in den nächsten Tagen begonnen werden. Der Verband plant dann von Anfang September bis Mai 2021 die Bayernliga-saison (die Schwaben haben noch elf Punktspiel­e ausstehen) zu Ende zu spielen. Die Saison 20/21 fällt komplett aus. Aber als Gewinner des geplanten Ligapokale­s (im Finale treffen der Sieger der Südgruppe auf den Nord-sieger) könnten die Schwaben sogar direkt in die Regionalli­ga Bayern aufsteigen. Ein durchaus lohnendes Ziel für Sebastian Schaller: „Mein Devise lautet: Wenn ich wo mitspiele, will ich auch gewinnen.“

Schaller hat den Schritt ins Funktionär­slager gut überlegt: „Diese Tätigkeit passt ideal zu meinem Studium „Internatio­nales Management“an der Fachhochsc­hule in Augsburg. Dort schreibe ich gerade meine Bachelor-arbeit im Sportberei­ch.“Schaller wird sich hauptsächl­ich um die 1. Mannschaft kümmern. Die Jugend- und die Frauenabte­ilung arbeiten weitestgeh­end autark. Denn auch wenn es nach außen unter Jürgen Reitmeier so aussah, die Fußball-abteilung (rund 600 Mitglieder) des TSV Schwaben war noch nie eine One-man-show.

 ?? Foto: Schöllhorn ?? Schwaben-trainer Halil Altintop (links) hat die Schwaben Richtung München verlassen. Er wird Co-trainer bei der U16 des FC Bayern. Josef Reitmeier hat sein Abteilungs­leiteramt übergeben und wird nur noch im Hintergrun­d mitarbeite­n.
Foto: Schöllhorn Schwaben-trainer Halil Altintop (links) hat die Schwaben Richtung München verlassen. Er wird Co-trainer bei der U16 des FC Bayern. Josef Reitmeier hat sein Abteilungs­leiteramt übergeben und wird nur noch im Hintergrun­d mitarbeite­n.
 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Sebastian Schaller (li.) und Max Wuschek leiten nun zusammen die Schwaben-fußballer.
Foto: Michael Hochgemuth Sebastian Schaller (li.) und Max Wuschek leiten nun zusammen die Schwaben-fußballer.
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Janos Radoki

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