Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Vergessen und wiederentdeckt
Für die Augsburger Malerin Anta Rupflin (1895–1987) wurde ein umfängliches Werkverzeichnis erstellt. Es erweist sie als eine moderate Vertreterin der Moderne
Im Schatten epochaler Kunst bleiben viele Talente verborgen. Die ausgangs des 19. Jahrhunderts Geborenen hatten die Ikonen des Impressionismus, Kubismus, Fauvismus, Expressionismus vor sich und nur wenige das Genie, aus diesem Schatten merkbar hervorzutreten. Anta Rupflin (1895–1987) zählt nicht zu ihnen, sondern figurierte lange als „eine vergessene Malerin zwischen Postimpressionismus und Abstraktion“. So lautete der Titel der Rupflin-präsentation 1992 im Augsburger Holbeinhaus. Es war überhaupt erst das zweite Mal, dass die Künstlerin öffentlich in Erscheinung trat – nach 1959, als sie in der Galerie Schöninger am Münchner Odeonsplatz ausgestellt hatte. Damals verdross sie, die bis dahin nur für sich und ihren Umkreis gewirkt hatte, ein Disput um ihre Arbeiten. Also blieb sie wieder im Privaten, bis 33 Jahre später (fünf Jahre nach ihrem Tod in Augsburg) zuerst das Holbeinhaus, dann 1996 das Augsburger Schaezlerpalais und 2001 das Volkskundemuseum Oberschönenfeld sich für sie öffneten.
Zu verdanken ist diese Wende dem Engagement der in Friedberg lebenden Rupflin-enkelin Cornelia Kraus, die den künstlerischen Nachlass ihrer Großmutter 1984 aus
Wohnung in Münchenschwabing gerettet hat, und dem Augsburger Kunsthistoriker-ehepaar Gode und Margaretha Krämer. Letztere bemühte sich bis zu ihrem Tod 2019 auch um ein Werkverzeichnis. Nun hat es Cornelia Kraus nach jahrelanger Detailarbeit vollendet. Die Schwierigkeiten waren enorm. Anta Rupflin hat nur spärliche Aufzeichnungen hinterlassen. Tagebücher existieren nicht, nur wenige Kalender mit ihren Notizen sowie Briefe. Ihre Arbeiten sind sehr selten datiert oder signiert. Auch Ortsangaben gibt es kaum. Selbst von der Münchner Ausstellung 1959 fehlt eine Werkliste.
Um so mehr musste vom Leben auf das Werk geschlossen werden. Dieses Leben begann am 27. Januar 1895 in München-pasing und bewegte sich 1896 mit dem Tauf- und Adoptivnamen Antoniette Maximiliane Treu nach Augsburg zu ihrem Adoptivvater Max Treu, der hier Bauunternehmer und letzter Königlicher Rat war. 1916 ehelichte Antonia (Anta) Treu den angehenden Juristen Rudolf Lammel und wurde Mutter der Geschwister Ruth und Wolfgang. 1922 wurde die Ehe geschieden. Im selben Jahr heiratete Anta ein zweites Mal – den aus einer Lindauer Familie stammenden Karl Rupflin (1885–1973), damals Professor an der Städtischen Kunstschule Augsburg. Sie hatte ihn bei seinen Abendkursen für Aktzeichnen kennengelernt.
Solche Kurse und private Unterweisung beförderten die malerischen Qualitäten Antas, deren grafische Lehrzeit an der Königlichen Kunstgewerbeschule in München begann. Ihr privater Unterricht verband sich mit Namen wie Willi Geiger, Hugo Ernst Schnegg, während ihrer Paris-aufenthalte zwischen 1925 und 1931 mit Amédée Ozenfant und der Polin Mela Muter, in den 1930er Jahren bei ihrer fotografischen Ausbildung auch mit Max Burchartz an der Folkwangschule in Essen, wo ihr Mann Karl Rupflin seinerzeit unterrichtete.
Zu den für Werk und Werkverzeichnis maßgeblichen Daten gehören die ungezählten Reisen der Anta Rupflin. Genannt seien nur die Aufenthalte der späten 1920er Jahre im südfranzösischen Fischerdorf Collioure, das auch bei Picasso, Braque, Gris, Dufy beliebt war, oder in der Nachkriegszeit die Italienreisen 1953/54, die auch Begegnungen mit Walter Gilles, Ida Kerkovius, Hans Purrmann und der Dichterin Ingeborg Bachmann ermöglichten.
„Im südlichen Licht“hieß folgerichtig die Rupflin-ausstellung von 2001. Sie zeigte ausschließlich Landschafts- und Naturstudien, Stadt- und Hafenansichten. „Sehnderen sucht nach Poesie“lautete 1996 die Präsentation ihrer Porträts (fast nur Frauen) und Stillleben, nachdem sie 1992, wie erwähnt, mit einem Querschnitt ihrer Arbeiten als „vergessene Malerin zwischen Postimpressionismus und Abstraktion“neu ins öffentliche Bewusstsein getreten war. Um ihr Vermächtnis ist Cornelia Kraus weiter mit großer Konsequenz bemüht. So konnten einzelne Rupflin-werke seit 2003 in Würzburg und Bocholt, in der Slowakei und 2018, 2019 beim Salon du Dessin in Paris gezeigt werden.
Nun liegt das Verzeichnis ihrer Werke vor. Es umfasst 1741 Nummern (vorerst ohne Fotografien und Skizzenblätter) und erweist Anta Rupflin als eine Malerin der Empfindsamkeit, ausgeglichen in Form und Farbe des Gegenständlichen, eine moderate Vertreterin der Moderne. Gut nachvollziehbar ist das durch die thematische Gliederung des Verzeichnisses, wobei sich jedes Genre wie Porträt, Stillleben, Landschaft seinerseits wohl geordnet darstellt. Cornelia Kraus verhandelt noch wegen einer Drucklegung.
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Internet Das Werkverzeichnis ist schon verfügbar: www.anta-rupflin.de. Da es Bilder geben dürfte, die noch nicht erfasst sind, wird um Mitteilung gebeten unter kontakt@anta-rupflin.de oder Telefon 015127952400.