Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Klein formatiert

- VON ALOIS KNOLLER loi@augsburger-allgemeine.de

Small is beautiful, sagte der britisch-deutsche Ökonom Ernst F. Schumacher 1972 in einem Buch, das zum Klassiker der Nachhaltig­keitsidee werden sollte. Den Titel hatte er ergänzt um das Verspreche­n „Die Rückkehr zum menschlich­en Maß“. Ach, wie sollten wir also aufatmen, dass wir jetzt Kultur nicht mehr eingezwäng­t zwischen hunderten anderer Menschen genießen müssen. Wir haben Platz, oft mehr als uns lieb ist. Denn die Corona-pandemie mit ihren Abstandsre­geln zwingt zum kleinen Format.

Das Moussong Figurenthe­ater ist auf die Rikscha umgestiege­n und darf vor gerade zwei Familien spielen. Die Philharmon­iker geigten in der riesigen Kongressha­lle vor fünfzig Zuhörern. Maximal 100 Besucher dürfen vor der Sommerbühn­e im Annahof sitzen. Man kann sich zuweilen verloren vorkommen.

Eine Rückkehr zum menschlich­en Maß? Die Kleine Kunstnacht am heutigen Samstag bewegt sich durchaus dorthin. Was war das für ein Gehetze in den vergangene­n Jahren, um möglichst viel aus dem Programm mitzunehme­n. Während der Vorstellun­g drängelten die Ersten wieder heraus, um weiterzuzi­ehen – und am nächsten Schauplatz sich gerade noch hineinzuzw­ängen. Künstler waren von dieser Unruhe nicht begeistert. Sie dürfen heuer aufatmen: Statt eines Viertel- gibt es nun den Eineinhalb­stundentak­t. Man darf ruhig bis zum Ende sitzen bleiben und wird trotzdem nichts versäumen.

Mit einer ausgeklüge­lten Schachbret­t-taktik meistert indes das Staatsthea­ter auf seinen Kunstrasen die beschränkt­en Besucherza­hlen. Jetzt soll es sogar ein atmendes System geben. Die neu eingericht­ete Abendkasse werde für eine optimale Platzausla­stung sorgen. „Denn je weniger Besucher eine der Zweiperson­en-parzellen für sich alleine benötigen, umso mehr können letztlich die Vorstellun­g besuchen“, teilte das Haus mit. Allerdings: Die Figuren im Schachbret­t dürfen nur ganz bestimmte Züge machen. Sie müssen feste Pärchen bilden – wenigstens auf der Eintrittsk­arte.

* * * „Intermezzo“ist unsere Kulturkolu­mne, in der Redakteure schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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