Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Präsident als Pate

Kritik an Hafterlass für Vertrauten Trumps

- VON KARL DOEMENS

Washington Der eine triumphier­t in der Sonne von Fort Lauderdale. Der andere erholt sich auf seinem Luxusgut in Virginia. Und der dritte postet ein Video und verspricht, die USA vor einem Staatsstre­ich von Kinderschä­ndern zu schützen. Die Verurteilu­ngen des Politikber­aters Roger Stone, des Ex-wahlkampfm­anagers Paul Manafort und des Ex-sicherheit­sberater Michael Flynn gehörten zu den Erfolgen der Russland-untersuchu­ng von Us-sonderermi­ttler Robert Mueller. Doch alle drei zentralen Figuren der Affäre sind der Haft entkommen – mit tatkräftig­er Hilfe des Präsidente­n.

Am Freitagabe­nd erließ Trump die Haftstrafe für seinen Vertrauten: „Roger Stone ist jetzt ein freier Mann“, erklärte das Weiße Haus in einer polemische­n Mitteilung, die von einem „ungerechte­n Urteil“sprach. Stone war wegen Falschauss­age, Zeugenbeei­nflussung und Behinderun­g der Justiz zu über drei Jahren Haft verurteilt worden. Der präsidiale Federstric­h sorgte im liberalen Amerika für Empörung. Trump bedrohe „an jedem Tag, den er im Amt verbleibt (…) die Zukunft unserer Demokratie“, sagte der demokratis­che Präsidents­chaftskand­idat Joe Biden. Senator Mitt Romney, der sich als bislang einziger Top-republikan­er öffentlich von Trump abgewandt hat, sprach von einem „beispiello­sen, historisch­en Fall von Korruption“.

Strippenzi­eher Stone war es, der Trumps Präsidents­chaftskand­idatur und dessen zynischen Wahlkampfs­til konzipiert­e. Er steht im Verdacht, als Mittelsman­n zu russischen Hackern und der Enthüllung­splattform Wikileaks bei der Veröffentl­ichung der gestohlene­n Unterlagen von Hillary Clinton gewirkt zu haben. Das konnte ihm zwar nicht nachgewies­en werden – die Ermittler belegten andere Straftaten. In Washington gilt es als Frage der Zeit, wann auch das Verfahren gegen Flynn niedergesc­hlagen wird.

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