Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kamera an!

- VON SARAH RITSCHEL sari@augsburger-allgemeine.de

Ausgerechn­et in Coronazeit­en konnten Bürger ihren Politikern ganz nah sein. Wegen des Besuchsver­bots im Landtag liefen Ausschusss­itzungen auf Youtube. Das gab es in der Geschichte des Hohen Hauses noch nie. Man wünscht sich, die Technik wäre schon früher eingezogen!

Signifikan­t für die Arbeit des Parlaments wäre jene Szene aus dem Finanzauss­chuss, wo 2012 junge Journalist­en als Besucher zu Gast waren. Statt der Debatte zu folgen, waren Damen aus der CSU damit beschäftig­t, ihren Gästen Lutschbonb­ons zuzustecke­n – und sie selber zu naschen. Bei Abstimmung­en ging eine Reihe klebriger Finger nach oben – und am Ende hatte die CSU immer ihren Willen.

Sympathiep­unkte hätte Wolfgang Heubisch gesammelt, einst Fdp-wissenscha­ftsministe­r und heute Mitglied des Ausschusse­s für Fragen des Öffentlich­en Dienstes. Er gestand einmal, in Sitzungen hin und wieder SPD und FDP zu verwechsel­n. In der Frage nach den Livestream­s wäre dieser Fauxpas halb so wild. Beide fordern, Debatten nach Corona online weiterlauf­en zu lassen. Die Regierung ist skeptisch. Es wäre ja ein Kratzer fürs Image, könnte jeder live beobachten, wie Politiker bei langatmige­n Diskussion­en mehr vom Handy als vom Redner gebannt sind. Gut, dass zuletzt auch das Gegenteil auf Youtube zu sehen war. Im Bildungsau­sschuss bombardier­te die Opposition Kultusmini­ster Piazolo derart lange mit Fragen, dass am Ende keine Zeit mehr war, sie zu beantworte­n. Das brachte zwar niemanden weiter, manchen sogar zur Weißglut, aber es zeigt eben auch die Vielstimmi­gkeit der Demokratie. Also bitte auch nach Corona: Kamera an!

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