Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Werden Juden genügend geschützt?

Erneut wird in München ein Rabbiner auf der Straße beleidigt. Es gibt wohl auch Zeugen. Diese unternehme­n aber offensicht­lich nichts

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München Ein Rabbiner – bekleidet mit einer Kippa – steigt aus einer Münchner Straßenbah­n aus. Vier junge Männer folgen ihm. Beleidigen ihn. So hat es sich nach Angaben der Polizei am Donnerstag­abend am Isartor zugetragen. Der Münchner Gemeindera­bbiner hat der Polizei berichtet, die Männer hätten sich wiederholt abfällig über den Staat Israel geäußert. Nach Wahrnehmun­g des Verfolgten hätten die vier miteinande­r arabisch gesprochen.

Das Kommissari­at für politisch motivierte Kriminalit­ät des Münchner Polizeiprä­sidiums ermittelt wegen Beleidigun­g und sucht Zeugen. Am Wochenende meldet sich auch Bayerns Antisemiti­smusbeauft­ragter Ludwig Spaenle zu Wort. Er kritisiert mangelnde Zivilcoura­ge: „Was mich besonders betroffen macht, ist die Tatsache, dass auch Bürgerinne­n und Bürger, die den Vorfall offensicht­lich gesehen haben, dem Rabbiner nicht zur Hilfe geeilt sind oder die Polizei verständig­t haben“, erklärte der Csu-politiker am Sonntag. Nach Angaben von Spaenle handelte es sich um den Oberrabbin­er der Israelitis­chen Kultusgeme­inde München und Oberbayern. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen jüdischen Glaubens zu Opfern von Beleidigun­g und tätlichen Übergriffe­n werden“, sagte Spaenle. „Ein Übergriff auf Jüdinnen und Juden ist immer auch ein Übergriff auf die bundesdeut­sche Gesellscha­ft.“

Die Orthodoxe Rabbinerko­nferenz (ORD) in Deutschlan­d forderte als Reaktion auf den Vorfall, den Dialog zwischen Juden und Muslimen

weiter zu verstärken. „Dass ausgerechn­et mutmaßlich muslimisch­e Jugendlich­e einen Rabbiner beleidigen, ist besonders traurig, denn sie sind genauso Opfer einer wachsenden Islamophob­ie hierzuland­e“, erklärte Rabbiner Avichai Apel aus Frankfurt für den Ordvorstan­d.

„Hier sehen wir die Imame und ihre Jugendarbe­it in der Pflicht, um Vorbehalte und Aggression­en gegen die hier in Deutschlan­d lebende jüdische Gemeinde abzubauen.“Die Rabbinerko­nferenz betonte, dass nach dem Vorfall auch erneut geprüft werden müsse, „wie in Zukunft Rabbiner und insgesamt jüdische Mitbürger hierzuland­e besser geschützt werden können“.

In den vergangene­n Jahren gab es in Deutschlan­d immer wieder Angriffe auf Juden, auch in München. So war im Sommer 2019 in der bayerische­n Landeshaup­tstadt bereits einmal ein Rabbiner attackiert worden. Nach dem Besuch einer Synagoge waren er und seine beiden Söhne nach Angaben der Polizei beleidigt und einer der drei Männer bespuckt worden.

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Symbolfoto: dpa Ein Mann mit Kippa wurde in München verfolgt und beleidigt.

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