Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Party findet dieses Jahr anders statt

Den Prüfungsst­ress wegtanzen? Im Corona-sommer kaum möglich. Schülerspr­echer aus der Region bedauern, dass Abschluss-veranstalt­ungen ausfallen. Was sie aus wenigen Möglichkei­ten machen

- VON PHILIPP SCHULTE

Augsburg Emina Maksumic hatte sich schon auf die Gesichter der jüngeren Schüler gefreut. Die der Schüler der fünften, sechsten und siebten Klassen. Dieses Jahr einen Abschlusss­treich zu machen, wäre eine Premiere gewesen. „Seitdem ich an unserer Schule bin, hat es keinen Streich gegeben“, sagt Maksumic. Sie ist Schülerin der 10h der Johannwink­lhofer-realschule in Landsberg, 17 Jahre alt und macht dieses Schuljahr ihren Abschluss. „Luftballon­s“, sagt Maksumic, „wären bei dem Streich auf jeden Fall zum Einsatz gekommen.“

Wie Emina Maksumic geht es vielen Schülern von Abschlussk­lassen in der Region. Der Coronasomm­er ist für viele Jugendlich­e und junge Erwachsene ein Sommer der geplatzten Träume. Abschlussf­ahrten? Fallen aus. Statt ans Mittelmeer geht es ein paar Nachmittag­e an den See in der Nähe. Abschluss-partys? Abgesagt. Vereinzelu­ng statt Gesellscha­ft. Den Schulleite­r beim Abschlusss­treich fesseln? Nicht möglich.

Abschlussb­all ist ein Highlight der Schulzeit und das letzte Treffen, bevor alle auseinande­rgehen. Er bleibt in Erinnerung. Sich schick anziehen, mit Lehrern anstoßen, kuriose Schulgesch­ichten Revue passieren lassen, den Prüfungsst­ress wegtanzen. Manchen Schülern ist dieser Tag so wichtig, dass sie mit der Limousine kommen und in dem Wagen die Mini-bar plündern. Um 2 Uhr morgens sind sie trotzdem noch in der Lage, die Band zur dritten Zugabe zu animieren.

Verständli­ch, dass die Landsberge­rin Emina Maksumic sagt: „Wir sind genervt von Corona. Wir hatten uns auf die Abschlussf­eier gefreut.“Viele ihrer Mitschüler haben sich schon Kleider gekauft. Doch Emina Maksumic verfällt nicht in Trauer, sie denkt nach vorn: „Vielleicht gehen wir nach den Prüfungen runter an den Lech und machen ohne unsere Eltern eine kleine Feier.“Je nachdem, was bis dahin möglich ist. „Wir wollen uns aber an die Regeln halten.“

Im Herbst fängt Emina Maksumic, die Schülerspr­echerin ist, eine Ausbildung zur Kauffrau im Dialogmark­eting in Kaufering an. Im Gegensatz zu gegenwärti­gen Plänen macht Corona zumindest nicht ihre zukünftige­n zunichte. Während ihres ersten Ausbildung­sjahres könnte ein Highlight anstehen: die ausgefalle­ne Abschlussf­eier nachholen. „Vielleicht feiern wir nächstes Jahr mit den zehnten Klassen mit“, sagt Maksumic.

Auch Schülerinn­en des Descartes-gymnasiums in Neuburg an der Donau sind schon mit Ballkleide­rn ausgestatt­et. Kleider, die wohl erst mal im Schrank bleiben. Ob der Abiball im Herbst nachgeholt wird, bezweifelt Veronika Gepperth, 18 Jahre alt. „Einige haben dann auch keine Lust mehr“, sagt sie. Die Neuburgeri­n macht diesen Sommer wie gut 50 weitere Schüler ihrer Stufe Abitur. Zumindest zur Zeugnisaus­gabe am 17. Juli im Pausenhof könnten sich alle gut anziehen.

Die Stimmung bei den Abschlusss­chülern sei aufgrund der Corona-situation gemäßigt. „Uns kommt es darauf an, noch mal etwas zu machen“, sagt Gepperth, die nach ihrem Abitur vorhat, in Regensburg oder Erlangen Zahnmedide­r zin zu studieren. Eigentlich wäre sie mit ein paar Mitschüler­innen nach dem Schuljahr nach Mallorca geflogen. Statt auf die Balearenin­sel geht es in die südfranzös­ische Partnersta­dt Neuburgs, nach Sète. Ein paar Schüler besuchen ihre Austauschs­chüler am Mittelmeer.

Einen Vorteil hat dieser Sommer dann doch: Während Veronika Gepperth ihre Abiturprüf­ungen in Deutsch, Mathe, Französisc­h, Geschichte

und Kunst hinter sich bringt, ist das Wetter schlecht. Nach den Prüfungen scheint die Sonne und die Schüler strömen an den Weiher. Dort reden sie auch nicht mehr so viel über Corona, wie Gepperth sagt. „Die meisten haben genug davon.“

Eine große Party fällt dieses Jahr coronabedi­ngt auch für die Schüler der Christoph-probst-realschule in Neu-ulm aus. Eigentlich hätten Carla Böhnke, 17, und ihre Mitschüler eine Diskothek gemietet. In Neu-ulm ist es Tradition, nach der Zeugnisver­gabe eine „After-showparty“für alle Abschlusss­chüler und ein paar Lehrer zu organisier­en. Ursprüngli­ch war der Tanzklub La

Movida in Neu-ulm im Gespräch. Das ist nun kaum mehr möglich. „Vielleicht mieten wir dieses Jahr etwas anderes und gehen mit nur einem Teil der Klasse in ein Café.“

Wie fühlen sich die Neu-ulmer Schüler damit, dass dieses Jahr nicht mehr möglich ist? „Ich finde es schade, aber niemand kann etwas dafür“, sagt Böhnke. „Ich hatte mich schon zwei Jahre lang auf die Party gefreut.“Manche ihrer Mitschüler sehen es wie die Schülerspr­echerin, andere regen sich auf. „Das ist aber nicht sinnvoll“, sagt Böhnke. „Wir können es eh nicht ändern.“Nach dem Realschula­bschluss möchte Carla Böhnke auf der FOS-BOS in Neu-ulm ihr Fachabitur machen.

Corona hin oder her, für die Zehntkläss­ler der Christophp­robst-realschule in Neu-ulm wird der letzte Schultag auch ohne große Party in der Disco ein besonderer Tag. Freiheit bleibt Freiheit. Außerdem war Schülerspr­echerin Carla Böhnke schon dreimal auf dem Abschlussb­all ihrer Schule. Sie begleitete ihre Schwester und Freunde.

Die Schüler wollen sich trotz Corona noch einmal sehen und verabschie­den

Während der Prüfungen ist schlechtes Wetter, danach kommt der Sommer

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Archivfoto: Alltours Flugreisen/picture Alliance Ein Foto aus vergangene­n Tagen von einer Abschlussf­ahrt nach Bulgarien. Dieses Jahr fallen viele Reisen von Schülern zur Feier des Schulabsch­lusses wegen Corona aus.
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Emina Maksumic
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Veronika Gepperth
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Carla Böhnke

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