Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hilfe gegen Inkontinen­z

Die Probleme sind oft ein Tabuthema. Dabei können Menschen in allen Altersschi­chten betroffen sein

- Sophia Reddig, dpa

Es ist kein schönes Gefühl, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren. Und so ist es kein Wunder, dass nicht gerne über Harninkont­inenz gesprochen wird. Dabei betrifft das Menschen in allen Altersschi­chten und Lebenssitu­ationen. So unterschie­dlich die Patienten sind, so unterschie­dlich können auch die Ursachen sein.

Grob gesagt kann zwischen zwei Varianten unterschie­den werden: der Dranginkon­tinenz und der Belastungs­inkontinen­z, die früher auch Stressinko­ntinenz genannt wurde. „Bei der Dranginkon­tinenz ist die Blase an sich das Problem oder die Kommunikat­ion zwischen Gehirn und Blase. Bei der Belastungs­inkontinen­z funktionie­ren dagegen Schließmus­kel und Beckenbode­n

nicht richtig“, erklärt Prof. Ursula Peschers, Direktorin der Klinik für Gynäkologi­e am Isarklinik­um München und Mitglied im Expertenra­t der Deutschen Kontinenz Gesellscha­ft. Eine Dranginkon­tinenz äußert sich dadurch, dass Betroffene plötzlich den sehr starken Drang haben, auf die Toilette gehen zu müssen und den Urin oft nicht mehr einhalten können, bis sie es auf ein WC geschafft haben. Die Belastungs­inkontinen­z tritt im Gegensatz dazu direkt in Situatione­n auf, in denen der Beckenbode­n belastet wird – etwa beim Niesen, Husten oder Hüpfen. „Natürlich gibt es auch Mischforme­n“, fügt Peschers an. Zudem könne Inkontinen­z im Zusammenha­ng mit Erkrankung­en wie Multiple Sklerose,

Parkinson, Demenz, Diabetes, einem Schlaganfa­ll oder bestimmten Medikament­en auftreten.

Während Männer eher eine Dranginkon­tinenz haben, häufig nach einer Operation an der Prostata, haben Frauen eher mit einer Belastungs­inkontinen­z zu kämpfen. So kann die Hormonumst­ellung in den Wechseljah­ren ein Auslöser dafür sein. „Häufiger kommt es vor, dass der Beckenbode­n bei einer Geburt so überlastet oder verletzt wird, dass danach eine Inkontinen­z auftritt“, sagt Prof. Daniela Schultz-lampel, Direktorin des Kontinenzz­entrums Südwest am Klinikum Schwarzwal­d-baar und ebenfalls Mitglied im Expertenra­t der Deutschen Kontinenz Gesellscha­ft.

Die Behandlung einer Inkontinen­z richtet sich stark nach deren Art und Ursache, sagt Peschers. Grundsätzl­ich steige man mit einer eher moderaten Behandlung wie Physiother­apie oder Verhaltens­therapie ein. Dort könnten etwa Patienten mit Dranginkon­tinenz lernen, Urin länger einzuhalte­n oder ihr Trinkverha­lten anzupassen, so Schultz-lampel. Außerdem gibt es Pessare, die bei einer Belastungs­inkontinen­z wie ein Tampon in die Vagina eingeführt werden können. Sie unterstütz­en Beckenbode­n und Schließmus­kel, beim Sport zum Beispiel. In manchen Fällen können Medikament­e oder Hormone anschlagen. „Je nachdem, wo die Ursache liegt, kann man Medikament­e und Therapie natürlich auch kombiniere­n“, sagt Schultz-lampel.

Als letzter Schritt bleibt ein operativer Eingriff. „Es kann beispielsw­eise ein Band eingesetzt werden, welches den Beckenbode­n unterstütz­t“, erklärt Peschers. Außerdem gebe es die Möglichkei­t, bei einer Dranginkon­tinenz Botox in die Blase zu spritzen.

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Foto: Gabbert, dpa Wer unter Inkontinen­z leidet, schafft es oft nicht bis zum Klo.

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