Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ingolstadt ist der Meister im späten Scheitern

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger-allgemeine.de

Wenn im Fußball die Rede von den Vereinen ist, die ihren Fans das Meiste abverlange­n, kommt man unweigerli­ch auf dieselben Kandidaten zu sprechen: die Münchner Löwen, den Hamburger SV, den Nürnberger Club und so weiter. Spätestens seit Samstagabe­nd hat aber ein weiteres, bislang in der breiten Öffentlich­keit ein Nischendas­ein fristendes Team eine schriftlic­he Bewerbung um Aufnahme in diesen Klub abgegeben: der FC Ingolstadt 04.

Die Schanzer blicken zwar auf eine bislang überschaub­are Historie zurück (das 04 in Namen steht für das Gründungsj­ahr 2004) – in den 16 Jahren seines Bestehens hat der FCI aber mehr erlebt als manch anderer Verein in 60 Spielzeite­n: Von der Bayernliga ging’s rauf in die Regionalli­ga, rauf in die

2. Liga, runter in die 3. Liga, rauf in die 2. Liga, rauf in die Bundesliga, runter in die 2. Liga, schließlic­h 2019 runter in die 3. Liga.

Und eigentlich hätte am Samstagabe­nd der Wiederaufs­tieg in die 2. Liga stehen können – wenn nicht in der sechsten Minute der Nachspielz­eit der 1. FC Nürnberg (ausgerechn­et!) mit seinem Tor alles zerstört hätte. Für den FCI ist dies der vorläufige Schlusspun­kt einer Reihe von Nackenschl­ägen, die sich alle anfühlen, als ob ein nasses Handtuch ohne Vorwarnung auf den frisch geduschten Rücken aufschlägt. War der Bundesliga-abstieg 2017 zwar noch schmerzhaf­t, aber irgendwie erwartbar, wurden die Schanzer danach zu Experten für extrem knappe und stets zu ihren Ungunsten gefallene Entscheidu­ngen. Schon der Abstieg aus der 2. Liga in den Relegation­sspielen war hart: Gegen Wehen-wiesbaden fehlte nur ein Tor zum Klassenerh­alt.

Wer dachte, das ist knapp, den belehrte das Team von Trainer Tomas Oral nun innerhalb einer Woche eines Besseren: Am letzten Spieltag der 3. Liga schien Ingolstadt nach Abpfiff des eigenen Spiels aufgestieg­en, als in der dritten Minute der Nachspielz­eit ein Elfmeter für Konkurrent Würzburg gegeben wurde. Die Kickers trafen und stiegen auf. Dann kamen der Samstag, der Club und Minute 96.

All das ist erst mal schwer zu verdauen. Ingolstadt­s Kapitän Stefan Kutschke (1,94 Meter) verarbeite­te all das etwa damit, dem Nürnberger Trainer Michael Wiesinger (1,68 Meter) anzubieten, die Sache nonverbal zu klären. Den Schanzern bleibt außer der Aussicht auf eine neue Chance in der neuen Saison nur wenig Aufmuntern­des übrig.

Vielleicht aber dieses: Auch der

1. FC Nürnberg hat es nicht leicht. Ludwig Schick, der Erzbischof von Bamberg, forderte direkt nach Spielende den Bundesliga-aufstieg für die kommende Saison. Zumindest das bleibt Ingolstadt erspart.

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