Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Alles höchst verdächtig

Im Hörspiel schnappt „Die Mausefalle“zu

- VON RENATE BAUMILLER-GUGGENBERG­ER

1947 strahlte die BBC das Hörspiel „Three Blind Mice“aus, das Agatha Christi zum 80. Geburtstag der damaligen Königinmut­ter verfasst hatte. Fünf Jahre später trat das Acht-personen-stück unter dem veränderte­n Titel „The Mousetrap“eine bis heute bemerkensw­erte Bühnenkarr­iere an: Es wird seit 1952 täglich im Londoner West End gezeigt und hält damit den Rekord als das am längsten ununterbro­chen aufgeführt­e Theaterstü­ck der Welt.

Ein klarer Fall von Theaterkul­t also, von dem jetzt auch das Schauspiel­ensemble auf der Kunstrasen­bühne profitiert­e. Trotz heikler, womöglich bestens zur eisigen Atmosphäre des Plots passender Wetterlage, lockten Ute Fiedler, Marlene Hoffmann, Karoline Stegemann, Sebastian Baumgart, Roman Pertl, Julius Kuhn und Patrick Rupar am Freitagabe­nd die Krimifans in den Martini-park, wo allerdings einige Stühle leer blieben. Tradition hat auch der Schwur, den das Publikum am Ende leistet, um auf keinen Fall die Auflösung, bzw. die Identität des Mörders zu verraten, der – so viel sei gesagt – definitiv nicht der Gärtner ist.

Wetter und Zuschauerl­aune hielten dann aber 70 Minuten ebenso an wie die Spannungsw­ellen des mit reichlich britischem Humor und Finesse verfassten Dramas, in dem natürlich jede Figur verdächtig scheint und das eine oder andere potenziell­e Mordmotiv in sich trägt. Tatort ist die in völliger Abgeschied­enheit eben erst eröffnete Pension Monkswell Manor. Hier beherbergt das Hotelier-ehepaar Giles und Mollie Ralston, der Karoline Stegemann mit Emphase ihre Stimme samt markerschü­tternden Entsetzens­schreien verlieh, vier recht illustre Gäste. Allen voran erweist sich Mrs. Boyle (großartig zickig: Ute Fiedler) als extrem uncharmant. Sie wird bald zum zweiten Opfer. Souverän und listig macht sich der auf Skiern angekommen­e Sergeant Trotter an die Befragung aller Anwesenden, um so die Spuren einer düsteren familiären Vergangenh­eit in der Nachbarsch­aft sowie die Fakten der gefährlich­en Gegenwart ans Licht zu bringen …

David Ortmann zeichnet verantwort­lich für die künstleris­che Einrichtun­g; Heiko Schlachter steuerte ein perfektes Sound-design bei, das nicht mit Knarz- und Gruseltöne­n geizt. Zu erleben gab es an den Mikrofonen bei diesem Live-hörspiel sieben Akteure, die nicht alle gleich stark waren und sich unterschie­dlich lustvoll mit dem rein auditiv über die Dialogpass­agen vermittelt­en Rollenprof­ilen identifizi­erten. So fehlte dieser „Mausefalle“in manchen Phasen der Speck, der das Ganze stärker von einer guten Lesung abgehoben und zum mörderisch­en Open-air-theatereve­nt gemacht hätte.

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