Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Trump und die Angst vor der Briefwahl

Klagedrohu­ngen laufen ins Leere

- VON THOMAS SPANG

Washington Nevada ist der jüngste Staat, der das Wählen in der Corona-pandemie sicherer machen will. Um lange Schlange vor den Wahllokale­n zu vermeiden, werden allen registrier­ten Wählern automatisc­h Briefwahl-unterlagen zugeschick­t. „Wir sehen uns vor Gericht“, drohte Us-präsident Donald Trump dem demokratis­chen Gouverneur Steve Sisolak, nachdem der das Gesetz in Kraft gesetzt hatte.

Auf welcher Grundlage Trump („Ich habe das Recht dazu.“) klagen will, blieb unklar. Denn nach der Us-verfassung werden die Wahlen dezentral in den 50 Bundesstaa­ten organisier­t. Zuständig sind fast überall „Counties“genannte, regionale Verwaltung­seinheiten. Was in der Praxis dazu führt, dass die Amerikaner nach zig verschiede­nen Systemen wählen. Und auch die Wahlaufsic­ht ist dezentral.

Seit Trump in den Umfragen hinter Herausford­erer Joe Biden zurückgefa­llen ist, verstärkt er seine Attacken auf das Wahlrecht – offenbar als Verunsiche­rungsstrat­egie. Die seit März bereits 70 Angriffe gipfelten vorige Woche in dem Vorstoß, die ganze Wahl zu verschiebe­n. Die Idee stieß auf geschlosse­nen Widerstand der republikan­ischen Führer im Kongress. Steven Calabresi hielt Trump gar vor, sich „faschistis­ch“zu verhalten.

Republikan­er-generalsek­retärin Ronna Mcdaniel fürchtet inzwischen Nachteile für die Partei, sollten die eigenen Wähler am 3. November wegen der Pandemie zu Hause bleiben und auch nicht per Brief wählen. Umfragen deuten darauf bereits hin: Laut Monmouth University erwägen in Georgia 60 Prozent der Demokraten, ihre Stimme via Briefwahl abzugeben, aber nur 28 Prozent der Republikan­er. Hochgerech­net auf die USA stellt das ein Problem für die ganze Partei dar, deren Kandidaten auf demselben Zettel wie Trump stehen.

In diesem November haben somit 77 Prozent aller Amerikaner die Möglichkei­t, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. In etlichen Staaten wird sogar seit Jahren nur per Brief gewählt – ohne Probleme, wie Experten betonen. Wahlfälsch­ungen habe es nur ganz selten gegeben.

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