Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weit übergetret­en

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Sportverei­ne legen großen Wert auf mündige Athleten. Auf Athleten, die nicht nur mit ihrer Leistung für ihre Sportart stehen, sondern mit ihrem Denken und ihrer Haltung. Daraus erwachsen jene Vorbilder, die eine Sportart benötigt, um zukunftstr­ächtig zu bleiben. So weit, so gut. Schwierig wird es wenn öffentlich demonstrie­rte Haltung zu zentralen gesellscha­ftlichen und politische­n Fragen nicht auf der Linie des Vereins oder Verbandes

liegen. Dann wünscht sich der Klub, unter dessen Dach sich der Sportler bewegt, schnell wieder einen zahmen Athleten, mit dem man weniger Ärger hat. Wenn der Unruhestif­ter nicht hören will, greifen die bekannten Arsenale aus Anhörung, Geldstrafe, Sperre und Rauswurf. So war es im vorliegend­en Fall des Bonner Basketball-nationalsp­ielers Joshiko Saibou und seiner Freundin, der Weitspring­erin Alexandra Wester. Die beiden haben ohne Mundschutz an einer Groß-demonstrat­ion gegen Corona-maßnahmen teilgenomm­en. Dafür

hätten die Bonner ihrem Arbeitnehm­er nicht fristlos kündigen müssen, einmal abgesehen davon, ob die Kündigung überhaupt Bestand hat. Irritieren­der ist, was die beiden auf die Straße treibt. Wester fühlt sich durch die Corona-maßnahmen ihrer Freiheit beraubt. Sie spricht von einem Impfzwang für die Bevölkerun­g oder von Ärzten und Anwälten, die die Menschenre­chte verteidige­n und dafür in Gefängnisp­sychiatrie­n eingesperr­t würden. Für eine mündige Athletin ist sie hier beim Absprung weit übergetret­en.

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