Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Die Hoffnungen ruhen auf Wasserstoff
Der Stoff soll bei der Energiewende helfen und Unternehmen Zukunftsperspektiven bieten. Aber kann er, wie zuletzt gehofft, in Fällen von MAN Energy Solutions und Premium Aerotec auch schnell Arbeitsplätze retten?
Der Wirtschaftsstandort Augsburg wurde zuletzt schwer gebeutelt. Nach den Standortschließungen von Osram und Fujitsu sorgten geplante Stellenstreichungen beim Flugzeugzulieferer Premium Aerotec und beim Motorenbauer MAN Energy Solutions für Wirbel. Der Luftfahrtexperte will bis zu 1000 Stellen streichen. Bei MAN SE sind es nach Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern „nur noch“800 Stellen. Zunächst war von 1800 bedrohten Arbeitsplätzen die Rede.
Neben starken Protesten der Belegschaft und der Arbeitnehmervertreter wurde auch die Politik eingeschaltet. Bei den Gesprächen kam neben der Debatte um die Verlängerung der Kurzarbeit auch immer wieder das Thema Wasserstoff und die damit einhergehende Wasserstoffstrategie des Freistaats Bayern als Lösungsmodell auf den Tisch. Mit entsprechenden Förderungen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten sollte dem Standort Augsburg und somit seinen Unternehmen unter die Arme gegriffen werden, waren sich die Verhandlungspartner am Ende einig.
Bei manchem wurde so der Eindruck erweckt, als könnten die diskutierten Pakete als Sofortlösungen wirken, um die angekündigten drastischen Stellenstreichungen in der Stadt doch noch abzumildern. Doch einen solchen direkten Zusammenerst hang wollen Experten nur bedingt herstellen.
„Wasserstoff ist definitiv ein Zukunftsfeld. Aber dieses Thema ist völlig unabhängig von unserem Restrukturierungsprogramm zu sehen. Hier müssen wir schnell mit den Kosten runter“, bewertet ein Sprecher von MAN SE die Lage. Vielmehr gehe es beim Thema Wasserstoff darum, in die Zukunft zu denken. Denn die Wasserstoffwirtschaft gilt zwar als Wachstums- und Zukunftsmarkt, aber noch ist der Einsatz der Wasserstofftechnologie zu teuer. Da könnte die Politik steuernd eingreifen. „Hier ist es wichtig, Hürden abzubauen und so eine Nachfrage zu schaffen“, so der Sprecher weiter. Dies würde dann auch MAN SE zu Gute kommen. Denn entsprechende Produkte hat das Augsburger Unternehmen schon in der Schublade und ist mit Chef Uwe Lauber im nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung am Puls der Zeit. Auch mit lokalen Unternehmen arbeitet MAN SE zum Thema zusammen. Jetzt bräuchte es eben noch einen weiteren Schub.
Ähnlich sieht dies auch Augsburgs IG Metall-chef Michael Leppek. Grundsätzlich dürften entsprechende staatlich unterstützten Förderprogramme keine direkte Subventionierung von Einzelunternehmungen zur Folge haben, sagt er. Damit können entsprechende Projekte auch nur sehr eingeschränkt akut Arbeitsplätze retten.
Premium Aerotec sieht solche Chancen vor allem im Engineering und beim Prototypenbau und stuft hier entsprechende Programme auch kurzfristig als „wichtigen Baustein“ein. In der Produktion würden solche Maßnahmen jedoch auf lange Sicht Wirkung zeigen.
Dieser Blick Richtung Zukunft ist vielen Beteiligten jedoch wichtig: „Mittel- bis langfristig müssen wir schauen, dass wir die Transformation – beispiel MAN – vom Motorenhersteller zum Energie-lösungsanbieter positiv begleiten. Und da helfen entsprechende Förderprogramme“, ist Gewerkschafter und MAN Se-aufsichtratsmitglied Michael Leppek überzeugt. Ihm schwebt unter anderem die Förderung einer Wasserstoff-pilotanlage in Augsburg vor. Davon könnte auch Premium Aerotec profitieren. Denn sollte man mit dem Thema Wasserstoff weiterkommen, wird der Energieträger als Treibstoff auch für Flugzeuge interessant. Hier baut(e) das Augsburger Unternehmen bereits Tanks für die Flugzeugprogramme Eurofighter und aktuell den A321 XLR. „Die daraus resultierende Expertise kann zeitnah in die Entwicklung von Wasserstofftechnologie für die Co2-neutrale Luftfahrt der Zukunft eingebracht werden“, lässt Sprecherin Barbara Sagel wissen.
So gedacht, können Förderprogramme rund um das Thema Wasserstoff und das Einwirken der Politik durchaus helfen, Arbeitsplätze zu sichern, neue Geschäftsfelder zu entwickeln und sogar neue Stellen zu schaffen. Allerdings in den beschriebenen Fällen nur stark eingeschränkt von heute auf morgen.