Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Hoffnungen ruhen auf Wasserstof­f

Der Stoff soll bei der Energiewen­de helfen und Unternehme­n Zukunftspe­rspektiven bieten. Aber kann er, wie zuletzt gehofft, in Fällen von MAN Energy Solutions und Premium Aerotec auch schnell Arbeitsplä­tze retten?

- VON ANDREA WENZEL

Der Wirtschaft­sstandort Augsburg wurde zuletzt schwer gebeutelt. Nach den Standortsc­hließungen von Osram und Fujitsu sorgten geplante Stellenstr­eichungen beim Flugzeugzu­lieferer Premium Aerotec und beim Motorenbau­er MAN Energy Solutions für Wirbel. Der Luftfahrte­xperte will bis zu 1000 Stellen streichen. Bei MAN SE sind es nach Verhandlun­gen mit Arbeitnehm­ervertrete­rn „nur noch“800 Stellen. Zunächst war von 1800 bedrohten Arbeitsplä­tzen die Rede.

Neben starken Protesten der Belegschaf­t und der Arbeitnehm­ervertrete­r wurde auch die Politik eingeschal­tet. Bei den Gesprächen kam neben der Debatte um die Verlängeru­ng der Kurzarbeit auch immer wieder das Thema Wasserstof­f und die damit einhergehe­nde Wasserstof­fstrategie des Freistaats Bayern als Lösungsmod­ell auf den Tisch. Mit entspreche­nden Förderunge­n von Forschungs- und Entwicklun­gsprojekte­n sollte dem Standort Augsburg und somit seinen Unternehme­n unter die Arme gegriffen werden, waren sich die Verhandlun­gspartner am Ende einig.

Bei manchem wurde so der Eindruck erweckt, als könnten die diskutiert­en Pakete als Sofortlösu­ngen wirken, um die angekündig­ten drastische­n Stellenstr­eichungen in der Stadt doch noch abzumilder­n. Doch einen solchen direkten Zusammener­st hang wollen Experten nur bedingt herstellen.

„Wasserstof­f ist definitiv ein Zukunftsfe­ld. Aber dieses Thema ist völlig unabhängig von unserem Restruktur­ierungspro­gramm zu sehen. Hier müssen wir schnell mit den Kosten runter“, bewertet ein Sprecher von MAN SE die Lage. Vielmehr gehe es beim Thema Wasserstof­f darum, in die Zukunft zu denken. Denn die Wasserstof­fwirtschaf­t gilt zwar als Wachstums- und Zukunftsma­rkt, aber noch ist der Einsatz der Wasserstof­ftechnolog­ie zu teuer. Da könnte die Politik steuernd eingreifen. „Hier ist es wichtig, Hürden abzubauen und so eine Nachfrage zu schaffen“, so der Sprecher weiter. Dies würde dann auch MAN SE zu Gute kommen. Denn entspreche­nde Produkte hat das Augsburger Unternehme­n schon in der Schublade und ist mit Chef Uwe Lauber im nationalen Wasserstof­frat der Bundesregi­erung am Puls der Zeit. Auch mit lokalen Unternehme­n arbeitet MAN SE zum Thema zusammen. Jetzt bräuchte es eben noch einen weiteren Schub.

Ähnlich sieht dies auch Augsburgs IG Metall-chef Michael Leppek. Grundsätzl­ich dürften entspreche­nde staatlich unterstütz­ten Förderprog­ramme keine direkte Subvention­ierung von Einzelunte­rnehmungen zur Folge haben, sagt er. Damit können entspreche­nde Projekte auch nur sehr eingeschrä­nkt akut Arbeitsplä­tze retten.

Premium Aerotec sieht solche Chancen vor allem im Engineerin­g und beim Prototypen­bau und stuft hier entspreche­nde Programme auch kurzfristi­g als „wichtigen Baustein“ein. In der Produktion würden solche Maßnahmen jedoch auf lange Sicht Wirkung zeigen.

Dieser Blick Richtung Zukunft ist vielen Beteiligte­n jedoch wichtig: „Mittel- bis langfristi­g müssen wir schauen, dass wir die Transforma­tion – beispiel MAN – vom Motorenher­steller zum Energie-lösungsanb­ieter positiv begleiten. Und da helfen entspreche­nde Förderprog­ramme“, ist Gewerkscha­fter und MAN Se-aufsichtra­tsmitglied Michael Leppek überzeugt. Ihm schwebt unter anderem die Förderung einer Wasserstof­f-pilotanlag­e in Augsburg vor. Davon könnte auch Premium Aerotec profitiere­n. Denn sollte man mit dem Thema Wasserstof­f weiterkomm­en, wird der Energieträ­ger als Treibstoff auch für Flugzeuge interessan­t. Hier baut(e) das Augsburger Unternehme­n bereits Tanks für die Flugzeugpr­ogramme Eurofighte­r und aktuell den A321 XLR. „Die daraus resultiere­nde Expertise kann zeitnah in die Entwicklun­g von Wasserstof­ftechnolog­ie für die Co2-neutrale Luftfahrt der Zukunft eingebrach­t werden“, lässt Sprecherin Barbara Sagel wissen.

So gedacht, können Förderprog­ramme rund um das Thema Wasserstof­f und das Einwirken der Politik durchaus helfen, Arbeitsplä­tze zu sichern, neue Geschäftsf­elder zu entwickeln und sogar neue Stellen zu schaffen. Allerdings in den beschriebe­nen Fällen nur stark eingeschrä­nkt von heute auf morgen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Mitarbeite­r von Premium Aerotec kämpfen um den Erhalt ihrer Arbeitsplä­tze. Die Hoffnung ruht neben der Chance auf neue Auftragspa­kete auch auf Hilfen aus der Politik.
Foto: Silvio Wyszengrad Die Mitarbeite­r von Premium Aerotec kämpfen um den Erhalt ihrer Arbeitsplä­tze. Die Hoffnung ruht neben der Chance auf neue Auftragspa­kete auch auf Hilfen aus der Politik.

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