Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Wiesnwirt im Film und in der Wirklichke­it

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger-allgemeine.de

Preisfrage: Was haben Bauunterne­hmer, Journalist­en und Kaffeeauto­maten gemeinsam? Antwort: Ohne sie würden wohl drei Viertel aller billigen Fernsehkri­mis nicht funktionie­ren. Die bemitleide­nswerten Drehbuchau­toren, denen dauernd was Neues einfallen soll, brauchen sie als „Running Gags“. Der selbstvers­tändlich korrupte Bauunterne­hmer muss im Film den geldgierig­en Strippenzi­eher im Hintergrun­d geben. Den immerzu nach Schlagzeil­en geifernden Journalist­en braucht man, um jemanden vom Tatort verjagen zu können. Und der stets defekte Kaffeeauto­mat im Polizeiprä­sidium muss als billige Kulisse für Vier-augengespr­äch der unterbezah­lten Kommissare herhalten. Mit anderen Worten: Im bundesdeut­schen Fernsehkri­mi feiert das Klischee fröhliche Urständ!

Die Münchner Wiesnwirte sind da in aller Regel außen vor. Sie haben zwar im wirklichen Leben auch mit allerlei Klischees, vor allem dem Neid aller Nicht-wiesnwirte, zu kämpfen. Die fortdauern­de Verarbeitu­ng als Filmklisch­ee jedoch ist ihnen bisher erspart geblieben. Jetzt aber erwischt es auch sie in der Ard-serie „Oktoberfes­t 1900“, in der es um den „erbitterte­n Machtkampf zweier Brauerei-clans“geht.

Prompt gibt es einen Aufschrei. Wiesnwirt Christian Schottenha­mel beschwert sich schon vor Ausstrahlu­ng der ersten Folge über Rufschädig­ung. Der Münchner Wirtschaft­sreferent und Wiesn-chef Clemens Baumgärtne­r (CSU) kritisiert die Darstellun­g des Oktoberfes­ts als „machtbeses­senes Milieu“.

Die Reaktion beweist eindeutig: Wiesnwirte sind auch nur Menschen und sogar noch ein klein wenig sensibler als Bauunterne­hmer und Journalist­en.

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