Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So gefährlich können Pools sein

Schwimmbec­ken im eigenen Garten sind enorm beliebt. Warum Experten vor Risiken für Kinder warnen und wie viele Menschen in Bayerns Seen und Flüssen in diesem Jahr schon starben

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Die Tragödie geschieht an diesem warmen Sommertag in wenigen Minuten. Das vierjährig­e Mädchen spielt draußen vor dem Haus, die Mutter passt auf. Doch dann lässt die Frau ihre Tochter kurz aus den Augen – als sie wiederkomm­t, ist das Mädchen verschwund­en. Die Polizei findet den leblosen Körper des Kindes schließlic­h im Pool der Nachbarn. Das Mädchen wird ins Krankenhau­s gebracht. Und stirbt.

Der dramatisch­e Unfall, der vor wenigen Wochen im baden-württember­gischen Burladinge­n geschehen ist, lenkt den Blick auf eine Gefahr, die bisher eher im Verborgene­n geschlumme­rt hat: Gartenpool­s, die schnell zur Todesfalle werden können.

In diesem Sommer erleben die Becken einen Boom. Wegen der Corona-krise fahren weniger Menschen in den Urlaub – den Badespaß, den sie eigentlich am Meer erleben wollten, holen sie sich nun in den eigenen Garten. Die Auftragsbü­cher vieler Pool-hersteller sind voll, Baumärkte berichten von einer immensen Nachfrage. Die Handelsket­te Bauhaus etwa teilt mit, dass gegenwärti­g Gartenpool­s in Deutschlan­d nur noch in sehr begrenzter Anzahl verfügbar seien – sowohl online als auch in Märkten.

Angesichts dieser Entwicklun­g und nicht zuletzt wegen des schrecklic­hen Unglücks in Burladinge­n macht die Deutsche Lebensrett­ungs-gesellscha­ft (DLRG) nun auf die Gefahren aufmerksam und warnt vor Unachtsamk­eit. Volker Härdtl, Landesgesc­häftsführe­r der DLRG Bayern, macht im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich: „Schon ab einer Wassertief­e von 20 Zentimeter­n besteht die Gefahr, zu ertrinken, sobald Nase und Mund unter Wasser sind.“Das heißt: Auch Planschbec­ken können zur tödlichen Falle werden. Das Wichtigste sei, die Kinder nicht aus den Augen zu lassen, fährt Härdtl fort. Denn schon binnen 30 Sekunden könne es zur Katastroph­e kommen. „Wir wollen Gartenpool­s nicht verteufeln“, sagt er. „Aber es geht uns darum, deutlich zu machen, dass man vorsichtig sein muss.“

Es sind übrigens längst nicht nur die Gartenpool­s, die Organisati­onen wie der DLRG Sorgen machen. Auch in der Natur kommt es immer wieder zu tragischen Unfällen mit Kindern. Etwa Mitte Juli im oberbayeri­schen Tüßling im Landkreis Altötting. Dort stürzte ein vierjährig­er Bub in einen Bach – er starb wenig später im Krankenhau­s. Es waren nur wenige Minuten vergangen, bis die Mutter des Jungen bemerkt hatte, dass ihr Sohn nicht mehr im

Haus war. Sofort rief sie die Polizei. Die Beamten fanden das Kind schließlic­h leblos in einem Bach ganz in der Nähe.

Auch in Badeseen ertrinken immer wieder Kinder, die unbeaufsic­htigt sind und noch nicht richtig schwimmen können. Vor Kurzem starb ein vierjährig­es Mädchen im Kratzmühls­ee bei Kinding im Landkreis Eichstätt. Eine Schülerin hatte das in Not geratene Mädchen, das im Wasser verzweifel­t mit den Armen fuchtelte, entdeckt, andere Badegäste zogen es aus dem Wasser. Doch die Vierjährig­e starb.

Das Problem, das in diesem Jahr noch erschweren­d hinzukommt, ist dieses: An den Baggerseen und Weihern ist es so voll wie selten. „Der Andrang ist mancherort­s um bis zu 50 Prozent höher als in einem normalen Sommer“, sagt Härdtl von der DLRG Bayern. Wegen der vielen Menschen, die wegen der Corona-krise nun am Baggersee statt in der Adria baden, befürchtet­e man bei der DLRG schon früh, dass es in diesem Sommer mehr Badetote geben könnte als in den Vorjahren.

Endgültige Zahlen gibt es natürlich noch nicht, immerhin dauert der Sommer noch ein paar Wochen. Allerdings hat die DLRG eine Zwischenbi­lanz erhoben, die am Donnerstag vorgestell­t wurde. Das Ergebnis: Wie so häufig, gab es bislang auch in diesem Jahr in Bayern die bundesweit meisten Badetoten. Zwischen Januar und Juli ertranken in den hiesigen Gewässern 35 Menschen. Allerdings sind das 32 weniger als im Vorjahresz­eitraum. Als Grund nennt die DLRG das teils unstete Wetter. Der Frühling und die ersten Sommermona­te seien doch eher verhalten gewesen.

Deutschlan­dweit gab es zwischen Januar und Juli der Statistik zufolge 192 tödliche Badeunfäll­e. Mehr als 90 Prozent davon ereigneten sich im Binnenland – insbesonde­re an ungesicher­ten Badestelle­n. 76 Menschen starben in Flüssen, 75 in Seen und Teichen, neun in einem Bach, fünf in einem Graben, vier in einem Kanal und drei in Hafenbecke­n. Hinzu kommen zwei Todesfälle in Pools und vier in sonstigen Gewässern wie etwa Rückhalteb­ecken.

Um Unfälle in Pools zu vermeiden, empfiehlt die DLRG, Sicherheit­svorkehrun­gen zu treffen. Der Pool sollte mit einem Gitter oder Netz abgedeckt sein und das Netz fest verankert werden. Die DLRG rät zudem, Tore zu Nachbargru­ndstücken so zu sichern, dass sie von Kindern nicht geöffnet werden können. Außerdem sollten Eltern ihre Kinder auf Gefahren hinweisen. Und: Schwimmtie­re könnten Leben retten, weil sich die Kleinen notfalls daran festhalten können.

 ?? Symbolfoto: Hannibal Hanschke, dpa ?? Kinder lieben es, im Sommer im Wasser zu planschen. Die DLRG warnt, die Kleinen dabei nicht aus den Augen zu lassen – denn ertrinken könne man schon in 20 Zentimeter tiefem Wasser.
Symbolfoto: Hannibal Hanschke, dpa Kinder lieben es, im Sommer im Wasser zu planschen. Die DLRG warnt, die Kleinen dabei nicht aus den Augen zu lassen – denn ertrinken könne man schon in 20 Zentimeter tiefem Wasser.

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