Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Anklage gegen Landwirt erhoben
Ein Bauer aus Bad Grönenbach und sein Sohn sollen sich nicht um ihre kranken Tiere gekümmert haben. Jetzt entscheidet das Memminger Landgericht, ob sie bestraft werden
Bad Grönenbach/memmingen Mehr als ein Jahr nach Bekanntwerden des Allgäuer Tierskandals legt die Justiz erste Ergebnisse vor: Die Memminger Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben gegen einen 66-jährigen Landwirt aus Bad Grönenbach (Landkreis Unterallgäu) und dessen 23 Jahre alten Sohn. Den beiden werden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen, 54 Rinder sollen davon betroffen sein. Das Memminger Landgericht entscheidet jetzt, ob es zu einer Verhandlung kommt. Die beiden Angeschuldigten haben bereits ein „vorläufiges Halte- und Betreuungsverbot für Rinder“erhalten. Den Betrieb führt derzeit nach Angaben des Unterallgäuer Landratsamtes eine andere Person.
Im Zuge des Tierskandals waren drei Höfe aus Bad Grönenbach ins Visier der Behörden geraten. Die Ermittlungen richteten sich gegen insgesamt 15 Personen. Viele Beobachter fragten sich zuletzt, warum es so lange dauert, bis die Staatsanwaltschaft die Vorfälle bewertet. „Für jeden einzelnen Tierschutzverstoß, für jede Kuh gibt es ein gesondertes Gutachten“, sagte kürzlich ein Sprecher der Behörde gegenüber unserer Zeitung. Am Donnerstag hat die Memminger Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass sie Anklage gegen die beiden Bad Grönenbacher Landwirte erhoben hat.
Es gehe dabei um den Zeitraum zwischen Juli und November 2019, sagte Pressesprecher Thorsten Thamm. Die Angeschuldigten betrieben Hofstellen in den Landkreisen Unter- und Oberallgäu sowie im Stadtgebiet. Ihnen werde vor allem zur Last gelegt, nicht dafür gesorgt zu haben, dass kranke Tiere die erforderliche medizinische Behandlung bekamen, sagt Thamm. Dem 66-jährigen Landwirt werden zudem „aktive Handlungen zum Nachteil der Tiere“vorgeworfen. Näher wollte sich Thamm zum jetzigen Zeitpunkt nicht dazu äußern.
Umfangreiche Ermittlungen waren der Anklage vorausgegangen. Laut Staatsanwaltschaft fanden zwei Durchsuchungen statt, zudem haben das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sowie die Landratsämter Ober- und Unterallgäu Sachverständigen-gutachten erstellt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft haben die beiden Landwirte aus Bad Grönenbach gegen Paragraph 17 des Tierschutzgesetzes verstoßen. Demnach „macht sich strafbar, wer einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt“. Das Gesetz sehe dabei für jeden einzelnen Verstoß eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.
Nachdem die mutmaßlichen Missstände auf dem Hof bekannt geworden waren, richtete die Landes-spd im vergangenen Herbst eine Anfrage an das bayerische Verbraucherschutz-ministerium. In der Antwort hieß es, dass die Milchkühe in einem Teil des Stalls in einem Kot-urin-gemisch gestanden hätten. Zudem hätten Kontrolleure festgestellt, dass zahlreiche Kälber in ihren Abteilen zeitweise keinen Zugang zu Wasser hatten und krank waren. Einige Tiere seien wegen ihkemptener res schlechten Gesundheitszustandes eingeschläfert worden. Die Memminger Staatsanwaltschaft berichtete damals, dass der heute 66-Jährige bereits zweimal zu Geldstrafen verurteilt worden sei – wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und Beihilfe dazu.
Heimlich aufgenommene Videos hatten den Tierskandal aufgedeckt. Die Bilder stammten aus einem der größten deutschen Milchviehbetriebe mit damals etwa 1800 Kühen. Hier sei „Ende August oder Mitte September“mit den Gutachten zu rechnen, sagt Pressesprecher Thorsten Thamm von der Memminger Staatsanwaltschaft. Beim dritten Hof auf Bad Grönenbacher Gemeindegebiet, der ins Visier der Behörden geraten ist, „dauert es auf jeden Fall länger“.