Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Rücksichtnahme ist eine Pflicht
Jahrhunderte an Tradition, schlichtweg ausgelöscht! Ein falsches Geschichtsverständnis, schließlich sei der Name „Drei Mohren“eine Ehrbezeichnung. Diese Argumente führen jene an, die gegen die Umbenennung des Traditionshauses sind. Doch so laut der Aufschrei zur Entscheidung der Hotelleitung ist, so falsch ist er. Die Skulpturen der drei Mohren sind weiter an der Fassade und im Foyer zu sehen. Sie sollen drei Mönche aus Abessinien darstellen, die Ende des 15. Jahrhunderts dort zu
Gast waren. Ob das Wort „Mohr“damals wirklich eine Ehrbezeichnung war, ist anzuzweifeln. Es wurde immer aus einer weißen, christlich-dominanten Perspektive verwendet. Je eroberungswütiger die europäischen Imperien, desto herabschauender der Blick auf Afrika und Asien. Der „Mohr“war das konstruierte „Andere“, das Fremde, auf das man herabblickte, das man fürchtete. An Fürstenhöfen dienten Sklaven aus Afrika dem eigenen Prestige, aber auch der Belustigung. Später wurde „Mohr“im Deutschen analog zum „kindlichen Neger“aus Afrika verwendet, dem man durch Kolonisation zur
Zivilisation verhelfen müsse. Heute ist es so, dass sich viele vom Wort Mohr beleidigt oder ausgegrenzt fühlen. Darauf zu verzichten ist keine Unterwerfung gegenüber Minderheiten, sondern Zeichen einer aufgeklärten Gesellschaft, in der Rücksichtnahme auf Schwächere geboten ist. Und was wird uns genommen? Das Hotel steht noch da, schön wie eh und je, die kunsthistorisch wertvollen Büsten ebenso. Der Verdacht bleibt, es geht bei dieser Debatte um etwas anderes: Gesellschaft wandelt sich, alte Überzeugungen, etwa die soziale Vorherrschaft des Weißen, verlieren sich. Das stößt einigen sauer auf.