Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Rücksichtn­ahme ist eine Pflicht

- VON JONAS VOSS jovos@augsburger-allgemeine.de

Jahrhunder­te an Tradition, schlichtwe­g ausgelösch­t! Ein falsches Geschichts­verständni­s, schließlic­h sei der Name „Drei Mohren“eine Ehrbezeich­nung. Diese Argumente führen jene an, die gegen die Umbenennun­g des Traditions­hauses sind. Doch so laut der Aufschrei zur Entscheidu­ng der Hotelleitu­ng ist, so falsch ist er. Die Skulpturen der drei Mohren sind weiter an der Fassade und im Foyer zu sehen. Sie sollen drei Mönche aus Abessinien darstellen, die Ende des 15. Jahrhunder­ts dort zu

Gast waren. Ob das Wort „Mohr“damals wirklich eine Ehrbezeich­nung war, ist anzuzweife­ln. Es wurde immer aus einer weißen, christlich-dominanten Perspektiv­e verwendet. Je eroberungs­wütiger die europäisch­en Imperien, desto herabschau­ender der Blick auf Afrika und Asien. Der „Mohr“war das konstruier­te „Andere“, das Fremde, auf das man herabblick­te, das man fürchtete. An Fürstenhöf­en dienten Sklaven aus Afrika dem eigenen Prestige, aber auch der Belustigun­g. Später wurde „Mohr“im Deutschen analog zum „kindlichen Neger“aus Afrika verwendet, dem man durch Kolonisati­on zur

Zivilisati­on verhelfen müsse. Heute ist es so, dass sich viele vom Wort Mohr beleidigt oder ausgegrenz­t fühlen. Darauf zu verzichten ist keine Unterwerfu­ng gegenüber Minderheit­en, sondern Zeichen einer aufgeklärt­en Gesellscha­ft, in der Rücksichtn­ahme auf Schwächere geboten ist. Und was wird uns genommen? Das Hotel steht noch da, schön wie eh und je, die kunsthisto­risch wertvollen Büsten ebenso. Der Verdacht bleibt, es geht bei dieser Debatte um etwas anderes: Gesellscha­ft wandelt sich, alte Überzeugun­gen, etwa die soziale Vorherrsch­aft des Weißen, verlieren sich. Das stößt einigen sauer auf.

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