Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Fatale Spätschäde­n durch Corona?

Studien zeigen, dass Patienten mit schweren Verläufen auch nach Abklingen der Infektion mit empfindlic­hen Folgen rechnen müssen. Warum in Großbritan­nien viele junge Menschen sterben

- VON MARKUS BÄR

Augsburg Während Deutschlan­d noch darüber diskutiert, ob eine „zweite Welle“von Coronainfe­ktionen unmittelba­r bevorsteht, gibt es erste, durch wissenscha­ftliche Studien belegte Erkenntnis­se auf dauerhafte Schäden, die eine solche Infektion bei Patienten hinterlass­en kann. „Es existieren zahlreiche Hinweise, die nach schweren Verläufen mit Beatmungen auf Intensivst­ationen Schlimmes befürchten lassen“, betont Uwe Janssens, der Präsident der Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin, gegenüber unserer Redaktion.

So wird in schweren Fällen das Lungengewe­be manchmal in Bindegeweb­e umgebaut – ein Vorgang, der sich nicht rückgängig machen lassen kann. „Etwa 15 Prozent jener Patienten, die beatmet wurden, müssen mit langfristi­gen oder auch dauerhafte­n Schäden der Lunge rechnen“, sagt Professor Jürgen Behr, Lungenfach­arzt an der Ludwig-maximilian­s-universitä­t München. Ein solcher Lungenscha­den kann beispielsw­eise dazu führen, dass Patienten bei Belastung, aber auch bereits in Ruhe, an erhebliche­r Atemnot leiden, die die Lebensqual­ität stark einschränk­en kann. Das kann unter Umständen dazu führen, dass manche Betroffene etwa nicht mehr Bergwander­n können.

Ein weiteres Problem sind dauerhafte Nierenschä­digungen, die dazu führen können, dass Patienten in die Dialyse müssen. Experte Janssens nennt in diesem Zusammenha­ng eine vor kurzem publiziert­e Studie der Ortskranke­nkassen, bei der die Daten von 10 021 Corona-patienten analysiert wurden. 1727 von ihnen mussten beatmet werden. Etwa jeder Dritte dieser beatmeten Menschen hatte ein akutes Nierenvers­agen und wurde darum an die Dialyse angeschlos­sen. Die Sterberate dieser Patienten, die Beatmung und Dialyse brauchten, sei mit 73 Prozent besonders hoch, erläutert Janssens.

Der Internist aus dem nordrheinw­estfälisch­en Eschweiler verweist auf eine weitere Studie, bei der Patienten 71 Tage nach ihrer Infektion mit Corona untersucht wurden. Bei 60 Prozent dieser Patienten gab es danach Hinweise auf eine Herzmuskel­entzündung, die möglicherw­eise später zu einer Herzschwäc­he und dann sogar zum tödlichen Herzversag­en führen kann.

„Inzwischen wissen wir, dass Covid-19 überall im Körper in den kleinsten Gefäßen Mikrothrom­bosen auslösen kann,“betont Janssens. Diese führen unter anderem zu den beschriebe­nen Spätfolgen an Lunge, Niere oder Herz. Aber auch das Gehirn kann betroffen werden – etwa durch Schlaganfä­lle, also durch Thrombosen in den Hirn- oder den hirnzuführ­enden Gefäßen. Eine zweite große Schädigung geht vom Körper selbst aus. Das Corona-virus provoziert eine derart überschieß­ende Immunantwo­rt des Körpers, dass diese den Körper selbst stark beschädigt – ebenfalls an den bereits genannten Organsyste­men.

Viel besser belegt ist inzwischen auch die tödliche Gefahr für junge Menschen. Deutsche Zahlen gaben das wegen des im internatio­nalen

Vergleich milden Verlaufes der Pandemie hierzuland­e nicht her, weil in der Bundesrepu­blik vor allem Ältere betroffen waren. Das aber ist in Großbritan­nien anders. Dort kommen viele ältere Corona-patienten gar nicht erst auf eine Intensivst­ation oder gar an eine Beatmungsm­aschine, weil diese für Jüngere reserviert bleiben. Die britische Studie zeigte, dass von 832 Patienten, die zwischen 16 und 39 Jahre alt waren und wegen eines schweren Verlaufes beatmet werden mussten, 123 starben. Das sind 14,8 Prozent.

„Das zeigt ganz klar, dass Covid-19 auch für junge Menschen gefährlich sein kann“, sagt Janssens. Der weitverbre­itete Eindruck, Corona sei eigentlich nur für Ältere mit Vorerkrank­ungen gefährlich, sei ein Fehleindru­ck, der sich ergebe, wenn man seinen Blick lediglich auf Deutschlan­d werfe. „Aber auch hier mussten in den großen Behandlung­szentren junge Patienten mit zum Teil schwerwieg­enden Verläufen behandelt werden.“

Mit der drohenden zweiten Corona-welle beschäftig­t sich auch eine Sonderseit­e in der

Einigen Betroffene­n droht die Dialyse

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