Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Anwalt soll Nsu-opfer erfunden haben
Er kassierte mehr als 211 000 Euro
Aachen Vor dem Landgericht Aachen hat die Staatsanwaltschaft einem Rechtsanwalt die Erfindung eines Nsu-opfers vorgeworfen. Der 52-jährige Jurist habe beim Nsuprozess in München ein Opfer des Nagelbombenanschlags der Rechtsterroristen in der Kölner Keupstraße vertreten, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt, sagte der Staatsanwalt am Freitag. Dafür habe der Anwalt mehr als 211000 Euro aus der Staatskasse bezogen. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.
Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihm eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft, wie ein Gerichtssprecher sagte. In einem besonders schweren Betrugsfall seien sogar bis zu zehn Jahre möglich. Es geht in dem Prozess auch um die Frage, ob der Anwalt aus Eschweiler seinen Beruf weiter ausüben darf.
Meral Keskin – so hieß das angebliche Opfer des Kölner Nsu-anschlags. Fakt ist: Der Anschlag war furchtbar. 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Viele wurden extrem traumatisiert. Nur eben nicht Meral Keskin – denn die hat es nachweislich nie gegeben. Der Anwalt wusste das Oberlandesgericht München laut Anklage dennoch von ihrer Existenz zu überzeugen. Dafür habe er falsche medizinische und psychologische Bescheinigungen vorgelegt.
Der Anwalt – so die Darstellung des Staatsanwalts – spiegelte dem Oberlandesgericht sogar vor, dass seine Mandantin in Berlin den Bundespräsidenten getroffen und von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen worden sei. Bei dem Betrug arbeitete er laut Anklage mit einem echten Nebenkläger aus dem Nsu-prozess zusammen. Dieser ist mittlerweile gestorben. Nachdem die Vorwürfe gegen den Anwalt 2015 bekannt geworden waren, hatte sich dieser damit gerechtfertigt, dass er von dem Mann hereingelegt worden sei. Er sei immer davon überzeugt gewesen, dass seine Mandantin wirklich existierte.