Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Ollis stiller Abgang
Der Ex-nationaltorwart hat seinen Vertrag als Fußball-experte beim ZDF nicht verlängert. Die Nachfolgersuche gestaltet sich schwierig. Nicht nur im Zweiten
Berlin Bei der Fußball-em im Juli sollte der letzte Auftritt des Ex-nationalspielers als Tv-experte des ZDF über den Bildschirm flimmern. Doch das Turnier wurde ins kommende Jahr verschoben. Jetzt ist klar, dass die bemerkenswert lange Fernseh-laufbahn nicht verlängert wird: Das Vorstandsmitglied des FC Bayern München und der Sender haben keinen neuen Vertrag für die EM 2021 abgeschlossen. Das stille Ende bahnte sich seit längerem an, am Freitag verkündete es das ZDF offiziell. „Es war eine wichtige und prägende Phase in meinem Leben“, sagte der 51-Jährige in einer Mitteilung des öffentlich-rechtlichen Senders. „Ich habe großartige Turniere und fantastische Fußballspiele erlebt. Ich konnte lernen, mich entwickeln und ich habe die Welt der Medien hautnah und aus einem neuen Blickwinkel kennengelernt.“Und aus einem anderen Blickwinkel haben auch die Fußballfans den früher oft vogelwilden Keeper erlebt. Seit dem 1. Januar ist Kahn Mitglied des Vorstands des FC Bayern München. Auch andere Engagements wie als Werbefigur für einen Wettanbieter oder als Manager seines Unternehmens Goalplay lässt er seitdem ruhen oder hat sie bereits beendet. Mit Ablauf des Vertrages von Karlheinz Rummenigge soll er Ende des kommenden Jahres Vorstandsvorsitzender des Rekordmeisters werden. Spätestens zu dem Zeitpunkt wäre eine weitere Zusammenarbeit mit dem ZDF undenkbar gewesen. Zum Abschied gab es für den früheren „Torwart-titan“lobende Worte vom ZDF. „Oliver Kahn hat den Zuschauern bei unseren Übertragungen von den internationalen Turnieren und der Champions
League durch seine Expertise einen großen Mehrwert geliefert“, sagte Sportchef Thomas Fuhrmann. „In der langen Zeit der Zusammenarbeit hat er mit unabhängigem Blick die Begegnungen analysiert.“Anfangs gab es häufiger Spott für den „Tvtitan“. Etwas hölzern wirkte der frühere Weltklassespieler, der als Profi oft ungestüm auftrat und derb gefordert hatte: „Eier, wir brauchen Eier.“An der Seite von Johannes B. Kerner schien er anfangs vor allem darum bemüht, keine Fehler zu machen. Im Laufe der Jahre wurde Kahn lockerer. Er plauderte an der Seite von Katrin Müller-hohenstein und wurde mit Moderator Oliver Welke zu Oli und Oli und zu einer Kultmarke. Hin und wieder war sogar ein Anflug von Selbstironie herauszuhören.
Während die ARD mit ihren Tvexperten wie Philipp Lahm oder Mehmet Scholl nicht immer rundum glücklich wurde, war Kahn über mehr als ein Jahrzehnt eine Konstante beim ZDF. Das Erste hat inzwischen mit Bastian Schweinsteiger einen prominenten Ex-spieler unter Vertrag, der sein Länderspieldebüt im Herbst gibt. Das ZDF wird nicht so leicht einen Nachfolger für Kahn finden. Ähnliches gilt für den Privatsender RTL, der nach dem unglücklichen Kurzzeit-engagement von Jürgen Klinsmann ebenfalls auf der Suche nach einem neuen Tv-experten ist.