Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wer bekommt den Hund nach der Trennung?

Wenn Herrchen und Frauchen nicht mehr zusammenle­ben, leiden manche Vierbeiner stark darunter und reagieren mit unerfreuli­chen Verhaltens­weisen. Aber auch rechtlich ist die Lage in solchen Fällen verzwickt

- VON TOM TRILGES UND ANJA SOKOLOW (DPA)

Augsburg „Wer nimmt den Hund?“Diese Frage stellt sich oft, wenn ein Paar getrennte Wege geht. Und nicht selten gibt es – ähnlich wie um Kinder – einen erbitterte­n Kampf um die Tiere. Dann müssen Gerichte eine Lösung für die Trennungsh­unde finden. „Der Hund hat an Bedeutung gewonnen, gerade auch bei Paaren, die keine Kinder haben“, sagt Anwalt Joachim Cäsarprell­er aus Wiesbaden, der sich seit 22 Jahren mit dem Thema beschäftig­t und dazu sogar ein Buch veröffentl­ichte. Doch es gibt nicht nur eine juristisch­e Dimension des Themas, sondern vor allem auch eine emotionale. Wie verkraften Hunde die neuen Umstände, wenn sich Herrchen und Frauchen trennen?

Der Hundepsych­ologe Peter Stephan von den Hundetrain­ern „Dog’s Red Line“aus Schwabmünc­hen berichtet von großen Unterschie­den im Umgang: „Die Reaktionen der Hunde hängen stark von der Rasse ab. Manche sind sehr personenbe­zogen, andere haben eher Probleme mit einer Ortsveränd­erung.“Stephan schränkt aber ein: „Ich kenne ganz viele Hunde, denen hat das überhaupt nichts ausgemacht. Denen ist egal, wer die

Rottweiler und Sennenhund­e hängen stark an Personen

Büchse mit Futter aufmacht. Aus meiner Erfahrung heraus treten nur in den wenigsten Fällen Schwierigk­eiten auf.“

Zu den sensiblere­n Rassen zählen laut Stephan tendenziel­l Rottweiler und Sennenhund­e. Bei einer Scheidung beziehungs­weise Trennung von Herrchen und Frauchen kann es dann zu unerfreuli­chen Verhaltens­weisen kommen. „Es ist zum Beispiel manchmal so, dass die Hunde ihr Geschäft dann wieder in der Wohnung und nicht draußen machen“, erklärt Hundepsych­ologe Peter Stephan. Doch was hilft dann? Stephans ernüchtern­de Antwort: „Da gibt es kein spezielles Training. Das muss man aussitzen und hoffen, dass es mit der Zeit besser wird.“

In der Regel gewöhnen sich die Tiere an die neue Situation, meint der Hundeexper­te. Dann sei es zum Beispiel auch kein Problem, wenn der Hund von Montag bis Freitag beim einen und am Wochenende beim anderen Partner ist. Auf einen Punkt sollten Besitzer allerdings laut Stephan achten: „Ist ein Hund noch nicht oft an einem Ort gewesen beziehungs­weise ist er nur selten dort, dann fällt es ihm unter Umständen schwer, allein gelassen zu werden.“Besser sei es, den Vierbeiner bei Aktivitäte­n mitzunehme­n.

Doch oft steht bei Scheidunge­n nicht das Wohlbefind­en des Hundes im Mittelpunk­t, sondern schlicht ein juristisch­er Streit. Im rechtliche­n Sinne gelten Hunde als „Haushaltsg­egenstände“. „Wenn gestritten wird, entscheide­n Gerichte in der Regel nach der Hausratver­ordnung und ordnen die Hunde meist einem Ehepartner zu“, sagt Anwalt Cäsar-preller. „Bei moderneren Gerichten werden die Tiere als Lebewesen betrachtet und eine Umgangsreg­elung wird vereinbart.“

Er versuche mit seinen Mandanten Umgangsreg­elungen zu finden, bevorzugt sogar außerhalb des Gerichts, berichtet Cäsar-preller: „Damit das Ganze Hand und Fuß hat, wird auch eine Vertragsst­rafe vereinbart, für den Fall, dass sich eine Seite nicht an die Vereinbaru­ng hält.“Das kommt nach Angaben des Juristen immer wieder vor: Aktuell vertritt er eine Mandantin, in deren Fall sich insgesamt 90000 Euro Strafe angehäuft haben.

Der Ex-partner der Frau verlange die Herausgabe des elf Jahre alten Hundes, berichtet der Anwalt. Doch weil er sich nicht angemessen um den Hund kümmere, gebe die Frau das Tier nicht heraus. Jetzt werde vor Gericht gestritten. Um ein – zumindest finanziell – wertloses Tier. „Es geht oft um persönlich­e Verletzung­en. Man könnte ja sagen: ,Behalte du den Hund!‘. Stattdesse­n schiebt man dann die große Tierliebe vor“, sagt Cäsarprell­er.

Er habe aber auch schon positive Entwicklun­gen erlebt. „Ein Paar ist sich nach der Trennung bei den Übergaben des Hundes wieder nähergekom­men“, so der Anwalt. Damit kein Streit entsteht, rät er bei der Anschaffun­g eines Haustieres: „Einer soll den Hund kaufen, dann haben wir klare Welten.“Das würde auch Victoria Jürgens beim nächsten Mal so tun, wie sie sagt: „Dann ist gleich klar, wem das Tier gehört.“Bei Rico Bertz und seiner Ex-partnerin entbrannte kein Streit um den Hund Lily, weil klare Verhältnis­se herrschten. „Für mich gab es gar keine Frage, dass sie mitkommt“, sagt Bertz, der sich eigenen Worten zufolge auch vor der Trennung schon mehr um das Tier kümmerte. Für den Hund haben die Trennung und der Auszug aus der gemeinsame­n Wohnung Ende 2019 Vorteile gebracht, erzählt der 40-jährige Berliner.

Zuvor habe sich der dreijährig­e Sibirische Husky bei Streitigke­iten immer versteckt und darunter gelitten, wenn es in der Wohnung lauter wurde. „Der Hund ist jetzt wie ausgewechs­elt“, erzählt Bertz, der ihn nun allein betreut und von den Kindern dabei unterstütz­t wird, wenn sie alle zwei Wochen da sind. Die Husky-dame Lily sei nun nicht nur viel entspannte­r, sondern bei ihr sei auch klar, dass sie nicht mehr in ihre alte Umgebung zurückwoll­e, so Bertz. „Als wir noch einmal in der ehemaligen Wohnung waren, blieb sie an der Eingangstü­r sitzen nach dem Motto ,Wann geht es endlich wieder los?‘“, berichtet Bertz. Seine Frau stelle glückliche­rweise keine Ansprüche an den Hund.

Andere Paare teilen sich den Hund nach der Trennung oder gar Scheidung. Die Tiere müssen dann zwischen den beiden Haushalten pendeln und werden mitunter sehr anhänglich.

 ?? Foto: stock.adobe.com ?? Die Frage, wer den Hund nach einer Trennung behält, sorgt oft für Streit zwischen Herrchen und Frauchen. Manche Vierbeiner leiden unter Ortswechse­ln oder dem Verlust von Bezugspers­onen, anderen ist vor allem wichtig, dass genug Futter bereitsteh­t.
Foto: stock.adobe.com Die Frage, wer den Hund nach einer Trennung behält, sorgt oft für Streit zwischen Herrchen und Frauchen. Manche Vierbeiner leiden unter Ortswechse­ln oder dem Verlust von Bezugspers­onen, anderen ist vor allem wichtig, dass genug Futter bereitsteh­t.

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