Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Feldhamste­r: Ein „Schädling“braucht Schutz

Bis in die 1980er-jahre jagten Bauern den „Architekte­n unter dem Acker“. Nun steht fest: Der Bestand ist so stark zurückgega­ngen, dass die Tierart innerhalb von 30 Jahren aussterben könnte

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Augsburg Der Feldhamste­r galt lange als millionenf­ach verbreitet vom Elsass bis nach Sibirien. Im Sommer 2020 dann stellte die Weltnaturs­chutzunion (IUCN) klar: Dem ist heute nicht mehr so, das Tier ist akut vom Aussterben bedroht. Mittlerwei­le steht der Feldhamste­r auf der Roten Liste gefährdete­r Arten. Wie konnte es so weit kommen?

Jedes Jahr aktualisie­rt die Weltnaturs­chutzorgan­isation ihre Rote Liste, die in die drei Kategorien „gefährdet“, „stark gefährdet“und „vom Aussterben bedroht“unterteilt ist. Insgesamt sind über 120 000 Tier- und Pflanzenar­ten dort erfasst. „Vom Aussterben bedroht“ist eine Art laut Definition dann, wenn sie ohne Schutzmaßn­ahmen nicht überleben könnte. Der Trend bei Tieren ist insgesamt negativ: Auf der Roten Liste finden sich unter der höchsten Kategorie „vom Aussterben bedroht“jetzt 6811 Arten, im Vorjahr waren es noch gut 6500.

Bekannt war, dass sich das Vorkommen des Feldhamste­rs zuletzt in West- und Mitteleuro­pa verringert hatte – das Ausmaß war aber selbst Experten lange Zeit nicht bewusst. Nun schlägt die IUCN Alarm: „Wenn sich nichts ändert, wird der Feldhamste­r in den nächsten 30 Jahren aussterben.“Und das, obwohl er vor allem in der EU einen strengen Schutz genießt.

Noch ist nicht abschließe­nd geklärt, was die Ursachen für den rasanten Schwund der Population sind. Fachleute gehen allerdings davon aus, dass die Ausweitung von Monokultur­en in der Landwirtsc­haft, die globale Erderwärmu­ng sowie Lichtversc­hmutzung einen erhebliche­n Teil zu der Entwicklun­g beigetrage­n haben. Der Feldhamste­r ist nämlich ein Indikator für eine gesunde und vielfältig­e offene Kulturland­schaft. Wo er überlebt, können das auch viele andere bedrohte Arten.

Bis vor rund 30 Jahren hatte der Feldhamste­r einen Ruf als Schädling. Für Bauern war er als „Architekt unter dem Acker“eine Pest, weil er Felder untertunne­lte und Ernten auffraß. Er wurde gejagt. Das Umdenken und stärkere Schutzmaßn­ahmen griffen zu spät.

In Bayern ist der Feldhamste­r in mehreren Regionen, darunter Schwaben und Oberfranke­n, bereits ausgestorb­en. Bald könnte er ganz aus Süddeutsch­land verschwind­en. Das Bayerische Landesamt für Umwelt initiierte 2002 das Artenhilfs­programm Feldhamste­r, das seit 2006 von den höheren Naturschut­zbehörden von Unterfrank­en und Mittelfran­ken durchgefüh­rt wird. Fraglich bleibt, ob die Bemühungen national wie internatio­nal ausreichen, um das Tier des Jahres 1967 zu retten.

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Foto: Uwe Anspach, dpa Der Feldhamste­r könnte in einigen Jahren aussterben.

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