Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Volksfestv­ergnügen im Miniaturfo­rmat

In Göggingen und Lechhausen wollen die Schaustell­er mit Fahrgeschä­ften, Unterhaltu­ngs- und Imbissstän­den vor allem Familien anlocken. Wie das gelingt und was die Marktkaufl­eute über ihren Neustart in Augsburg sagen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL UND ANDREA BAUMANN

Mit großen Erwartunge­n haben die schwäbisch­en Schaustell­er den „Augsburger Stadtsomme­r“auf dem Volksfestp­latz in Göggingen und dem Kirchweih-areal in Lechhausen gestartet. Der Auftakt verlief allerdings noch etwas verhalten – nur wenige Besucher hatten bei sommerlich­en Temperatur­en Lust auf Fahrgeschä­fte, Bratwurst und gebrannte Mandeln. Über Wochen hatte der Schwäbisch­e Schaustell­erverband ein Konzept erarbeitet, mit dem in den Sommerferi­en trotz Corona kleine „Vergnügung­splätze“mit Fahrgeschä­ften, Unterhaltu­ngsund Imbissstän­den möglich sein sollten. Umso glückliche­r waren die Schaustell­er, als es am Donnerstag endlich wieder losging – für die allermeist­en das erste Geschäft in diesem Jahr. Von den wenigen Besuchern ließen sie sich ihren Optimismus dann auch nicht nehmen.

„Wir lassen es langsam angehen – wir Schaustell­er wollten nach der langen Winterpaus­e nicht gleich ins kalte Wasser geworfen werden“, scherzte Ulrike Springer angesichts der wenigen jungen Leute, die sich an ihren „König Ludwig Schießstan­d“verirrten. Dabei ist sie gut vorbereite­t. Für jeden Schützen steht ein Desinfekti­onsspender bereit, natürlich werden die Gewehre ebenfalls desinfizie­rt, bevor sie ein neuer Gast in die Hand bekommt. Damit der Abstand gewahrt werden kann, liegen statt der üblichen sechs Gewehre nur halb so viele bereit. „Ich bin positiv eingestell­t“, beteuert die Schaustell­erin. Die Menschen, die auf einen Auslandsur­laub verzichten müssen, würden bestimmt gerne vorbeikomm­en und es sich auf dem „Mini-volksfest“gut gehen zu lassen.

Die Fahrgeschä­fte und Stände sind auf dem Gögginger Volksfestp­latz an den Rand gerückt, um auch bei Betrieb möglichst große Abstände zwischen den Besuchern zu ermögliche­n. Mitten auf dem Platz wurde ein mobiles Waschbecke­n errichtet, an dem man sich jederzeit die Hände reinigen kann.

Obwohl es kein Bierzelt gibt, müssen die Besucher nicht auf Getränke verzichten – ein kleiner Biergarten lädt zum Verweilen ein. Dort haben es sich Steffi und Thomas gemütlich gemacht und genießen ein Feierabend­weißbier. „Ich finde den Mini-plärrer toll – auch wenn es gewöhnungs­bedürftig ist, alles mit Maske zu machen“, sagt Thomas.

Seine Begleiteri­n wollte eigentlich eine Riesenbosn­a essen – die gibt es nicht, aber dafür jede Menge andere leckere Speisen. „Wir waren neugierig, wie das hier organisier­t ist“, so Steffi. Und es sei schön, dass auch hier ein Stück weit Normalität eingekehrt sei.

Normalität haben sich auch die Schaustell­er gewünscht, sagt Nadine Kollmann vom Fun Haus „Coco Bongo“. Für einen Schaustell­er sei es schrecklic­h, herumzusit­zen und die Hände in den Schoß zu legen. „Jetzt geht es darum zu beweisen, dass in Corona-zeiten ein Volksfestb­etrieb möglich ist“, betont sie.

An der Lechhauser Klausstraß­e, als Festplatz für die Kirchweih bekannt, wollen die Schaustell­er ebenfalls ein wenig Volksfests­timmung in den Stadtteil bringen. Auch hier geben sie sich optimistis­ch, freuen sich über jede Familie, die Tickets fürs Karussell oder eine Tüte gebrannte Mandeln kauft – etwa bei Rita Heppenheim­er. „Die Leute werden schon kommen“, sagt sie. Sie sei jetzt fast 80 Jahre, „aber so etwas wie die vergangene­n Monate habe ich noch nie erlebt.“

Trotz der hochsommer­lichen Temperatur­en am Nachmittag, locken die fünf Angebote, darunter ein Biergarten, Publikum an. „Wollt ihr noch mal?“, will Manuel Lettner von den Passagiere­n wissen, die eine rasante Fahrt in seinem Bayern Lift genießen. Axel Baumann, der in der Nähe wohnt, sucht derweil an der Seite seiner Familie sein Glück bei „Nolis Las Vegas“.

Nicht nur die Schaustell­er, auch die Augsburg Marktkaufl­eute wagen nach der langen Zwangspaus­e einen Neustart mit Ständen auf dem Martin-luther-platz und vor der City-galerie. Bis 22. August soll es dort ein wöchentlic­h wechselnde­s Angebot geben. „Viele unserer Stammkunde­n von der Dult freuen sich“, sagt Verbandsvo­rsitzende Manuela Müller-manz. Nach Monaten ohne Einnahmen und Beschäftig­ung seien alle sehr froh, wieder arbeiten zu können, um etwas zur Normalität zurückzufi­nden.

Dem kann Lukas Erlinger nur beipflicht­en. Der junge Mann unterstütz­t seine Eltern in der Augsburger Mandelbren­nerei, reicht immer wieder eine Tüte Nüsse, Magenbrot oder Schoko-früchte über den Tresen. Dass das Geschäft „nicht ansatzweis­e so gut wie auf dem Plärrer oder der Dult läuft“, nimmt der studierte Kommunikat­ionsdesign­er hin. „Wir sind froh, dass wir wieder rausdürfen.“

Das sieht auch Martin Pfündel so, der vor allem mit Nackenkiss­en punkten will. Doch zumindest an diesem Tag hält sich das Geschäft in Grenzen. „Die Leute laufen durch zur City-galerie und schauen nicht rechts oder links“, klagt der vierfache Familienva­ter. Dabei ist Pfündel ebenso wie seine Kollegen dringend auf Einnahmen angewiesen: „Zuletzt war ich auf dem Christkind­lesmarkt 2019.“Nur die Hoffnung auf den vorweihnac­htlichen Budenzaube­r und die Herbstdult hält ihn noch aufrecht. Noch steht hier eine Entscheidu­ng aus. ⓘ

Öffnungsze­iten In Lechhausen ist bis 23. August täglich von 12 bis 20 Uhr Betrieb, der Vergnügung­spark in Göggingen ist ebenfalls bis 23. August jeweils Donnerstag bis Sonntag von 12 bis 22 Uhr geöffnet.

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Foto: Max Kramer Normalerwe­ise herrscht erst im Oktober auf dem Festplatz in Lechhausen Volksfests­timmung. Doch im Corona-jahr 2020 sind die Schaustell­er dort bereits im Sommer präsent.
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Foto: Fridtjof Atterdal Ulrike Springer ist optimistis­ch, dass sie mit ihrem „König Ludwig Schießstan­d“auf dem Gögginger Volksfestp­latz viele Besucher haben wird.
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Foto: Silvio Wyszengrad Dieter und Lukas Erlinger (von links) sind froh, ihre süßen Leckereien wieder verkaufen zu dürfen.
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