Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Ihre ersten 100 Tage

Am Samstag endet die „Schonzeit“von Eva Weber (CSU) als neue Oberbürger­meisterin. Corona, sagt sie, beeinfluss­e viele Entscheidu­ngen. Von der Opposition gibt es Kritik. Eine erste Bilanz

- VON STEFAN KROG

Seit 1. Mai ist Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) nun im Amt – am Friedensfe­st am Samstag sind es 100 Tage, dass Weber die Geschicke der Stadt leitet. Von einer „Schonzeit“kann bei Weber nicht die Rede sein. „Corona regiert seit meinem Amtsantrit­t mit“, sagt sie. Und es fielen bereits eine Reihe von wichtigen Entscheidu­ngen im Stadtrat und außerhalb – manche mit Knirschen verbunden und in der Tonlage heftiger, als es Webers Ankündigun­g vom „neuen Miteinande­r“im Stadtrat womöglich hat vermuten lassen.

Entschiede­n wurde etwa über die Sanierung des Staatsthea­ters trotz deutlicher Kostenstei­gerungen und gegen die Vorstellun­gen der Opposition. In Sachen Klimaschut­z wird die Stadtregie­rung von den Klimaaktiv­isten inzwischen offen angegangen, nachdem die Stadt das Klimacamp neben dem Rathaus räumen wollte (aber vom Verwaltung­sgericht zurückgepf­iffen wurde). Weber verstehe die Dringlichk­eit der Klimakrise wohl noch immer nicht, so Klimaaktiv­istin Eva Stoffels mit Blick auf die Aktivitäte­n der Stadt zur Co2-reduktion.

In ihrer Bilanz der ersten 100 Tage sagt Weber, dass Klimaschut­z in Kooperatio­n mit dem neuen Klimabeira­t, ein Umdenken bei der Mobilität und der Ausbau der Fahrrad-infrastruk­tur auf ihrer Liste nach wie vor weit oben stehen. „Wir sind eine moderne Großstadt und wir sind Umweltstad­t. Diesem Anspruch möchte ich gerecht werden.“

Die Arbeit der Stadtregie­rung, die zum 1. Oktober komplett sein wird, habe an Fahrt aufgenomme­n, werde aber durch Corona nach wie vor ausgebrems­t. Gleichwohl sei ihr klar, dass die Augsburger die berechtigt­e Erwartung hätten, dass andere wichtige Themen nicht in Vergessenh­eit geraten dürfen. Nach wie vor seien die Herausford­erungen groß. „Für die Bewältigun­g der Pandemie gibt es keine Blaupause und keinen Plan in der Schublade. Vor diese Aufgabe bin ich zusammen mit der gesamten Stadtspitz­e gestellt und diese gilt es gemeinsam zu bewältigen“, so Weber.

Weber sagt im Nachhinein, dass die Absetzung der ersten Kulturauss­chuss-sitzung, die in der Kulturszen­e für Unmut gesorgt hatte, in der Gesamtscha­u „ungeschick­t“gewesen sei, auch weil das kulturelle Leben in der Corona-zeit besonderer Unterstütz­ung bedürfe. Die Stadt habe gleichwohl vieles auf den Weg gebracht, etwa den Augsburger Stadtsomme­r oder die finanziell­e Unterstütz­ung der Kulturszen­e. Nach wie vor beeinfluss­e Corona viele Entscheidu­ngen.

Dies gelte auch für die Finanzen. Die mit Corona einhergehe­nden Einnahmeve­rluste bei Steuern machten die Aufstellun­g des Doppelhaus­halts 2021/22 schwierig. „Wir dürfen unseren Haushalt weder überbeansp­ruchen noch wäre ein irreparabl­er Kahlschlag, wie er durch den Baustopp laufender Projekte oder die Kürzung von Zuschüssen für soziale oder kulturelle Einrichtun­gen entstehen würde, hilfreich“, so Weber.

Was das „Miteinande­r“im Stadtrat betrifft, kritisiert Weber die Opposition indirekt. Im Stadtrat hatte die Besetzung des Sozialrefe­rats und des Kulturrefe­rats für harte Diskussion­en gesorgt, nachdem Schwarzgrü­n nach einer Ausschreib­ung seine Wunschkand­idaten präsentier­te, ohne dass die anderen Bewerber dem Stadtrat nicht-öffentlich bekannt gegeben wurden. Zur Begründung sagte Weber, dass einige Bewerber explizit darum gebeten hätten. „Im Stadtrat haben diese beiden politische­n Besetzunge­n zu harten Debatten geführt – vielleicht zu hart. Etwas weniger Konfrontat­ion hätte dem neu zusammenge­setzten Gremium sicher besser getan“, so Weber.

Von der Opposition wird Webers Agieren – wenig überrasche­nd – anders gewertet. Florian Freund, Vorsitzend­er der Sozialfrak­tion (SPD/ Linke), spricht von „außergewöh­nlichen Anlaufschw­ierigkeite­n“, wenn man bedenke, dass sowohl Weber als auch Bürgermeis­terin Martina Wild (Grüne) in den vergangene­n sechs Jahren an der Regierungs­arbeit beteiligt waren. Das Agieren beim Zusammenfa­ssen der Zuständigk­eiten für städtische und freie Kitas gegen die Bedenken der freien Träger sei ein Beispiel. „Die vollmundig­en Ankündigun­gen von Frau Weber, für ein neues Miteinande­r im Stadtrat sorgen zu wollen, waren letztlich nur leere Worthülsen“, so Freund. „Schwarzgrü­n steht auf dem Standpunkt ‚Wir sind die Mehrern, wir sind die Schwerern‘“, so Freund. Das habe sich bei Theatersan­ierung und Referenten­wahl gezeigt.

Auch die Fraktion Bürgerlich­e Mitte, zweitgrößt­e Opposition­sfraktion, bewertet die Lage ähnlich. „Schwarz-grün regiert ohne größere Rücksichtn­ahme durch“, so Fraktionsv­orsitzende­r Hans Wengenmeir (FW). Vom Verspreche­n der Einbindung sei wenig übrig geblieben. Auch die Bürgerlich­en kritisiere­n das Agieren bei der Referenten­wahl. Zudem agiere die Stadt, wenn es um schnelle Entscheidu­ngen gehe, oft kopflos.

Ein Beispiel sei die geplante Räumung des Klimacamps, so Stadtrat Peter Hummel (FW). Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) habe erst einen Räumungsbe­scheid überbracht, nach Widerspruc­h aus der Landtagsfr­aktion der Grünen hätten sich die Grünen aber nicht mehr getraut, diesen umzusetzen, so Hummel. Ohnehin seien die Grünen wenig wahrnehmba­r. Klimaschüt­zer zu vertreiben und Preissteig­erungen im Nahverkehr durchzuwin­ken, klinge nicht nach Umweltpoli­tik, sondern nach der CSU der 80er Jahre, so Hummel.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) ist nun seit 100 Tagen im Amt. Corona bestimme nach wie vor viele Entscheidu­ngen, sagt Weber.
Foto: Silvio Wyszengrad Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) ist nun seit 100 Tagen im Amt. Corona bestimme nach wie vor viele Entscheidu­ngen, sagt Weber.

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