Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Geschichte nicht nach aktueller Moral beurteilen

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Gedanken sind seit Schiller frei und Diskussion­en wichtiger Grundpfeil­er einer Demokratie! Wenn aber eine nicht demokratis­ch legitimier­te Minderheit versucht, Meinungsge­walt auszuüben und eine Mehrheitse­ntscheidun­g auszuhebel­n, läuft etwas schief. Das ist in meinen Augen eine schlechte Form von Lobbyismus! Die Waffen ändern sich – bei den Kreuzritte­rn das Schwert, jetzt z. B. soziale Netzwerke, aber Gewalt bleibt Gewalt und die ist das falsche Mittel, um persönlich­e Moralvorst­ellungen durchzuset­zen. Dass die Hotelführu­ng des Drei Mohren aus letztlich wirtschaft­lichen Erwägungen einknickt, ist verständli­ch. Man kann aber unsere Geschichte nicht nach gerade aktuellen Moralvorst­ellungen umdeuten. Die Kolonialge­schichte gehört genauso zu dieser Gesamtheit wie eine Erinnerung­skultur mit Stolperste­inen oder die Weiternutz­ung der Halle 116. Auseinande­rsetzung mit Geschichte findet nicht rückwirken­d durch Stürzen von Denkmälern oder Auslöschun­g von Namen statt. Also bitte nicht die Cheopspyra­mide oder das Kolosseum einreißen, weil sie mit Sklavenarb­eit errichtet wurden! Im Übrigen war ein Augsburger Gastronom schon im 15. Jahrhunder­t weltoffen genug, drei Ausländern in Not weiterzuhe­lfen. Dass sich der Name für die Gastwirtsc­haft einbürgert­e, ist ein Ehrenzeich­en und kein Rassismus!

Prof. Dr. Wolfgang Weber, Augsburg

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