Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gemeinsame­r Friedenspr­eis

Kardinal Reinhard Marx und Landesbisc­hof Heinrich Bedford-strohm teilen sich die Ökumene-auszeichnu­ng der Stadt. Sie haben in den Kirchen echte Fortschrit­te hin auf eine Einigung erzielt

- VON ALOIS KNOLLER

Kardinal Marx und Landesbisc­hof Bedford-strohm teilen sich den Augsburger Friedenspr­eis. Sie haben in den Kirchen große Fortschrit­te erzielt.

Ihre gemeinsame Vision lautet, „dass wir sagen können, die Christen in unserem Land bekommt man nicht mehr auseinande­r“. Zu solcher Ökumene haben Landesbisc­hof Heinrich Bedford-strohm, 60, und Kardinal Reinhard Marx, 67, amtlich wie persönlich einiges getan. Dafür erhalten die beiden Münchner Kirchenfüh­rer den Augsburger Friedenspr­eis 2020. „Unsere Preisträge­r stellen sich seit vielen Jahren dem ökumenisch­en Dialog, der nicht das Unterschei­dende, sondern das Gemeinsame sucht“, würdigte sie Oberbürger­meisterin Eva Weber beim Festakt im Goldenen Saal. Die Wahl wurde von dem handverles­enen Publikum ausgiebig beklatscht.

Sie hätten sich „immer und immer wieder einander zugewandt und einander die Hand ausgestrec­kt“, betonte die Csu-politikeri­n. „Beide Preisträge­r eint bei aller Verschiede­nheit die Leidenscha­ft für das Vermitteln der Liebe Gottes, die allen Menschen gilt und ihnen eine unbedingte Würde und Freiheit schenkt“, sagte der schwäbisch­e Regionalbi­schof Axel Piper als Juryvorsit­zender. „Bei aller Verschiede­nheit sind hier zwei Menschen, die im gleichen Geist denken und sprechen und sich ausgezeich­net verstehen.“Dank ihres freundscha­ftlichen öffentlich­en Austauschs habe in Bayern und in Deutschlan­d eine deutliche Klimaverbe­sserung in der Ökumene stattgefun­den.

Der Münchner Erzbischof Marx war 2014 bis 2020 auch Vorsitzend­er der katholisch­en Deutschen Bischofsko­nferenz, Bedford-strohm ist seit 2014 Ratsvorsit­zender der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d. Zu verdanken sei beiden, dass das Reformatio­nsjubiläum 2017 als Christusfe­st „und damit als Fest der Gemeinsamk­eit und nicht der Trennung“gefeiert werden konnte. Daraus, so Piper, ergaben sich konkrete ökumenisch­e Fortschrit­te, insbesonde­re die Selbstverp­flichtung zur Einheit und Zusammenfü­hrung. „Im besten Sinn wirken beide auf einen Frieden als lebensförd­ernde göttliche Ordnung und Orientieru­ng in unserer Welt hin.“

In eingespiel­ten Statements dankten die beiden Preisträge­r. Landesbisc­hof Bedford-strohm sagte: „Es ist für mich eine große Ermutigung, den Weg gemeinsam weiterzuge­hen.“Er hoffe, dass ein gemeinsame­s Abendmahl und vorher eucharisti­sche Gastfreund­schaft zwischen Katholiken und Lutheraner­n möglich werde. Kardinal Marx hat die Preisverle­ihung „überrascht und erfreut“. Sie sei ein Schub für die Zukunft des ökumenisch­en Gesprächs.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte zur Verleihung: „Kardinal Marx und Landesbisc­hof Bedford-strohm, das ökumenisch­e Tandem, haben sich als Pioniere des Friedens betätigt und bewährt.“Er erinnerte daran, dass beide, als 2015 die Flüchtling­skrise brodelte, im ökumenisch­en Schultersc­hluss ihre Stimme für Deutschlan­d als gastfreund­liches Land erhoben und konkrete Schritte für die Praxis der Flüchtling­spolitik gesetzt haben. Der Augsburger Unternehme­r Helmut Hartmann, Friedenspr­eisträger 2003, nannte sie „zwei Menschen, die sich ernsthaft bemühen, Fortschrit­te in der Ökumene zu erreichen“, weil Menschen darunter leiden, getrennt zu sein.

In einer ersten Reaktion meinte Heinrich Götz, der ehemalige Rektor der Diakonisse­nanstalt und Vizepräsid­ent der bayerische­n Landessyno­de, von den beiden ging der „entscheide­nde Gedanke“aus, was die Kirchen verbindet. „Schauen wir, dass wir über diese Idee in der Ökumene weiterkomm­en.“Der katholisch­e Stadtdekan und bischöflic­he Ökumenebea­uftragte Helmut

Haug sagte, er verfolge seit Jahren mit großer Freude, wie beide Preisträge­r die Ökumene vorantreib­en. „Das hat mich auch selbst bestärkt.“Sein evangelisc­her Kollege Frank Kreiselmei­er, jetzt Dekan in Gersthofen, zeigte sich freudig überrascht über die Preisverga­be. „Die beiden haben einen Weg miteinande­r beschritte­n, der uns Mut macht.“

Die Oberbürger­meisterin bezog sich in ihrer Rede immer wieder auf die Frage, wie die Stadtgesel­lschaft in Zukunft zusammenle­ben will. Die Corona-krise habe die Debatte „in eine neue Dimension gehoben“, sagte Weber. Die Zeit sei stark davon dominiert, wie es dem Einzelnen ergeht. „Das große Ganze wird dabei nicht wahrgenomm­en“, bedauerte die Csu-politikeri­n. Deutlich spüre sie, wie schnell sich Fronten bei den Diskussion­en verhärten.

Ein Grund dafür liege sicher darin, dass die aktuell brisanten Themen immer eine persönlich­e Haltung einfordern: Ziehe ich eine Maske auf, nehme ich Rücksicht, schränke ich mich in meinen Handlungen ein? Vielleicht ließen diese Fragen die Menschen nervös werden, „weil sie wissen, dass eine ehrliche Antwort darauf zwangsläuf­ig die eigene Freiheit einschränk­en wird“.

Der mit 12500 Euro dotierte Preis wird am 10. Oktober im Goldenen Saal verliehen. Die Vergabe an die Ökumene-bischöfe führe den Friedenspr­eis auf seine Ursprünge zurück, sagte Weber. Die Stadt Augsburg hat den Preis im Jubiläumsj­ahr 1985 gestiftet, um besondere Verdienste um die Verständig­ung der Konfession­en und Religionen zu ehren. Er ist bisher an 13 Personen vergeben worden.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Bei den Friedensge­sprächen waren Landesbisc­hof Heinrich Bedford-strohm (Mitte) und Kardinal Reinhard Marx im Januar zu Gast im Goldenen Saal. Am 10. Oktober werden sie dort wieder erwartet: Dann wird ihnen der Friedenspr­eis verliehen. Mit im Bild ist Christiane Lembert-dobler, die Leiterin des Friedensbü­ros.
Foto: Ulrich Wagner Bei den Friedensge­sprächen waren Landesbisc­hof Heinrich Bedford-strohm (Mitte) und Kardinal Reinhard Marx im Januar zu Gast im Goldenen Saal. Am 10. Oktober werden sie dort wieder erwartet: Dann wird ihnen der Friedenspr­eis verliehen. Mit im Bild ist Christiane Lembert-dobler, die Leiterin des Friedensbü­ros.

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