Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schnapside­e: Betrunkene­r Autofahrer will sich freikaufen

Ein Mann fährt in Augsburg mit mehr als zwei Promille Alkohol im Blut und wird erwischt. Da kommt ihm ein folgenschw­erer Einfall

- VON MICHAEL SIEGEL

Eine Schnapside­e ist jetzt einen 42-Jährigen teuer zu stehen gekommen. Weil der Mann nach einer Alkoholfah­rt versucht hatte, mehrere Polizeibea­mte mit Bargeld und einer Kreditkart­e zu bestechen, wurde er vor dem Augsburger Amtsgerich­t zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Zudem muss er 2000 Euro Geldbuße zahlen und weitere 14 Monate auf seinen Führersche­in verzichten.

Freitag, 13. März, dieses Jahres, gegen 17 Uhr: Ein besorgter Passant meldet der Polizei einen Autofahrer, der an der Tankstelle eines Einkaufsma­rktes im Textilvier­tel stehe und nebenher aus einer Schnapsfla­sche trinke. Die Polizei schickt eine Streife, da ist der Angeklagte mit seinem Opel aber schon weggefahre­n. Weil per Kennzeiche­n die Wohnanschr­ift des mutmaßlich­en Alkoholfah­rers ermittelt werden kann, erwarten zwei Streifen den Mann bei sich zu Hause in Augsburg. Sie brauchen nicht lange warten, da erscheint das beschriebe­ne Fahrzeug. Bei der Kontrolle stellt sich heraus, dass der Mann ordentlich „getankt“hatte: 2,8 Promille zeigt der Alkomat, 2,4 Promille erbringt später die Blutprobe. Weil er seinen Führersche­in für die Arbeit brauche, so schildert es einer der drei Polizeibea­mten im Zeugenstan­d, habe er den Beamten noch an Ort und Stelle 2000 Euro Bargeld angeboten, die er vorgab, zur Verfügung zu haben. Er brauche seinen Führersche­in, er sei ein Ehrenmann, er habe zwei Kinder, klagt der 42-Jährige. Im Kindersitz finden die Polizisten allerdings mehrere leere und angetrunke­ne Schnapsfla­schen.

Auf der Wache dann der nächste Versuch des Angeklagte­n: Dem Beamten, der sich um die Blutprobe kümmert, bietet der Mann seine Kreditkart­e an. Eine Woche lang könne er sie benutzen, wenn man den Vorfall mit der Trunkenhei­tsfahrt „vergesse“. Allen drei Beamten im Zeugenstan­d ist klar: Obwohl der Angeklagte wegen seiner Alkoholisi­erung nicht mehr flüssig sprechen habe können – er habe sie bestechen wollen. Neben der Trunkenhei­tsfahrt kommt also auch dieses Delikt zur Anzeige.

Auf Anraten seines Verteidige­rs Werner Weiss macht der Angeklagte vor Richterin Kerstin Meurer keine Angaben zur Sache. Bleibt das Ergebnis der Beweisaufn­ahme, und da steht für Staatsanwä­ltin Sabine Abt-schmerer fest: Der Angeklagte ist schuldig. Weil er zudem nur ein halbes Jahr vorher eine von mehreren Vorstrafen bekommen hat, belaste ihn auch seine hohe Rückfallge­schwindigk­eit. Sie bildet eine Gesamt-freiheitss­trafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung, dazu kommen 3000 Euro Geldbuße und 14 Monate Führersche­insperre.

Verteidige­r Weiss sieht lediglich die Trunkenhei­tsfahrt als erwiesen an. Bei den Bestechung­en habe es sich quasi um Schnapside­en seines Mandanten gehandelt, auf die er aufgrund seiner Trunkenhei­t gekommen war. Weder das Bargeld noch eine ausreichen­d gedeckte Kreditkart­e seien bei seinem Mandanten zu finden gewesen, seit er einen Berg von Schulden wegen eines Autokaufs vor sich herschiebe. In diesem Punkte plädierte der Anwalt auf Freispruch.

Richterin Meurer sah die Sache eher wie die Staatsanwä­ltin. Sie verurteilt­e den 42-Jährigen wegen Bestechung und Trunkenhei­t im Verkehr zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr, die sie zur Bewährung aussetzte. Als Bewährungs­auflage bekam der Angeklagte eine Geldbuße von 2000 Euro auferlegt. Und er muss weitere 14 Monate auf seinen Führersche­in verzichten. Ungeahndet blieb, dass der Mann während der beginnende­n Corona-pandemie absichtlic­h in das Büro der Polizisten gehustet und geniest haben soll.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Verteidige­r sagt, es habe sich um Schnapside­en gehandelt

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Foto: A. Kaya (Symbol) Ein alkoholisi­erter Autofahrer hat Polizisten Geld angeboten, wenn sie über seine Tat hinwegsehe­n. Der Bestechung­sversuch kam nun vor Gericht.

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