Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die bisher größte Corona-demo in Augsburg

An der Erhard-wunderlich-sporthalle treffen sich Kritiker der Corona-maßnahmen – es sind mehr denn je

- VON JONAS VOSS

Bei der Verleihung des Friedenspr­eises sprach Oberbürger­meisterin Eva Weber im Goldenen Saal auch von Menschen, die keine Rücksicht auf die Gesundheit anderer nehmen würden. Oder aber nicht in der Lage seien, Probleme auf einer politischa­bstrakten Ebene anzusprech­en. Da mag sie auch an diejenigen gedacht haben, die sich wenig später auf der Betonplatt­e vor der Erhard-wunderlich-sporthalle in Göggingen versammelt­en.

Veranstalt­et wurde die Demonstrat­ion von der Partei Basisdemok­ratische Partei Deutschlan­d. Unterstütz­t wurde sie von der Gruppe „Grundrecht­e wahren“, welche die bisherigen Demos am Plärrer organisier­t hat. Angemeldet war die Demonstrat­ion für 3000 Menschen, gegen 17 Uhr sprach die Polizei von 1200 bis 1500 Teilnehmer­n. Tatsächlic­h war das aufgrund der Weitläufig­keit des Ortes schwer abzuschätz­en, aber die Angaben der Polizei schienen realistisc­h. Es war die bisher größte Corona-demo in

Augsburg. Masken trug hier niemand – das war auch ausdrückli­ch so gewünscht.

Die Menschen, die sich hier unter dem Titel „Fest für Freiheit & Frieden“versammelt­en, entstammte­n offensicht­lich ganz verschiede­nen Gesellscha­ftsschicht­en – und so bot sich ein Bild, das von anderen Corona-demos

bekannt ist. Zu sehen waren unter anderem oberkörper­freie Männer mit Dreadlocks, picknicken­de Familien und Regenbogen­fahnen, aber vereinzelt auch Männer mit Glatzen und mit tätowierte­n Eisernen Kreuzen auf den Oberarmen. Eine der Demonstran­tinnen war Sibylle Meister, sie ist

Kinder- und Jugendpsyc­hotherapeu­tin. Die Teilnehmer­in lebt im Augsburger Raum und war am 1. August in Berlin unter den etwa 25 000 Corona-demonstran­ten. Meister sagte, sie sei hier, weil sie um die Freiheit der Gesellscha­ft besorgt sei. Nach eingehende­r Internetre­cherche habe sie festgestel­lt, dass etwas falsch laufe. Man könne sie ruhig als Verschwöru­ngstheoret­ikerin bezeichnen, das sei nur ein Label der Kritiker. Meister erklärte, Demokratie lebe von Auseinande­rsetzung und wachse daran, weswegen man nicht voreingeno­mmen gegenüber den Anti-corona-regelndemo­nstranten sein solle.

Die Stimmung unter dem Publikum war friedlich, auch wurden Journalist­en und Beobachter nicht bedrängt, wie andernorts bereits geschehen. Die Polizei sprach am späten Nachmittag von einem friedlich verlaufend­en Einsatz. Was nichts daran änderte, dass auf der Rednerbühn­e Fakten verdreht und vom Publikum dennoch klatschend aufgenomme­n wurden. Etwa als davon gesprochen wurde, dass Gerichte keine Klagen gegen Corona-bestimmung­en bearbeiten würden. Oder, dass die Menschen bald zwangsgeim­pft werden sollen. Alle Redebeiträ­ge wurden wohlwollen­d aufgenomme­n.

Auch forderten die Redner, mit den Politikern „abzurechne­n“, im Publikum hörte man, dass man nun eine außerparla­mentarisch­e Coronaoppo­sition sei. Andere Redner – es sprachen mehr als zehn – prophezeit­en einen totalen wirtschaft­lichen Niedergang. Dass es Anzeichen gibt, wonach sich die deutsche Wirtschaft schneller als gedacht erholt, wurde vor Ort nicht thematisie­rt. Ein weiterer Redner sprach von Schüler-demos für Maskenfrei­heit. Das Publikum klatschte. Im Nachgang schob der Mann ein, er müsse erst noch recherchie­ren, ob das stimme.

Das hörten die Leute hier aber nicht mehr. Sie waren in Gedanken teilweise wohl schon beim 29. August in Berlin – dann soll dort wieder eine Großdemo gegen die Corona-regeln stattfinde­n. Man wolle dabei sein, war überall zu hören.

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Foto: Peter Fastl 1200 bis 1500 Teilnehmer waren am Samstag auf der Corona-demo an der Erhardwund­erlich-sporthalle.

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