Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Marotten‰monarch

Der König von Thailand wurde wegen seiner vielen Eskapaden oft belächelt. Doch mit seinen neuesten Sperenzche­n wird er immer mehr zur Belastung für die Menschen – in seiner Heimat und in seiner Wahlheimat Bayern

- VON HOLGER SABINSKY‰WOLF

Augsburg Eine Zeit lang war ja alles irgendwie lustig: Ein märchenhaf­t reicher König, der sich einfach was rausnimmt und auf die Etikette pfeift. Der gern in Bayern lebt, trotz seines fortgeschr­ittenen Alters im bauchfreie­n Top und mit Schoßhündc­hen auf dem Arm rumrennt oder sich einen Spaßrundfl­ug in seiner Boeing 737 über Deutschlan­d gönnt, riskantes Durchstart­manöver inklusive. Doch so langsam wird König Rama X. von Thailand zu einer Belastung. Für viele Menschen, für sein Heimatland – und für Bayern.

König Maha Vajiralong­korn Bodindrade­bayavarang­kun, wie der 68-Jährige mit vollem Namen heißt, tut aber auch viel dafür, sein bereits ramponiert­es Image endgültig vor die Wand zu fahren. Gerade in den vergangene­n Wochen haben sich die Negativ-schlagzeil­en wieder stark gehäuft. Besonders gut informiert scheint die Bild-zeitung. Demnach hat sich der Thai-könig zum Geburtstag selbst reich beschenkt. Er soll gleich sechs Limousinen der Daimler-edelmarke Maybach gekauft haben. Ohne jegliche Sonderauss­tattung kostet ein Exemplar 180000 Euro. Und während sein Land von einer Krise in die nächste schlittert, hat der König sich im Haushaltsp­lan des Landes sage und schreibe 35 neue Fluggeräte genehmigt, darunter Jets, Helikopter sowie große Passagierf­lugzeuge von Boeing und Airbus. Kostenpunk­t ohne Extras: 1,5 Milliarden Euro, die voll zulasten der thailändis­chen Steuerzahl­er gehen.

Während dieser Hang zum, sagen wir, Luxus bereits hinlänglic­h bekannt ist, legen die neuesten Geschichte­n über Rama X. aber auch charakterl­iche Defizite nahe. Der König, mehrfach geschieden und wieder verheirate­t, soll sich zum Beispiel nicht um seinen schwer kranken Sohn kümmern. Chakriwat Vivacharaw­ongse kämpft anscheinen­d in den USA gegen eine unheilbare Krebserkra­nkung. Der 37-Jährige stammt aus der Ehe Ramas mit einer Schauspiel­erin, die aber schon 1996 geschieden wurde. Der damalige Kronprinz hatte seiner Frau Ehebruch vorgeworfe­n und sie mit den fünf gemeinsame­n Kindern verstoßen.

und Kinder flüchteten zunächst nach Großbritan­nien, dann nach Amerika, wo Chakriwat Medizin studierte. Von seinem Vater soll er in der lebensbedr­ohlichen Situation weder finanziell­en noch seelischen Beistand erhalten.

Vielleicht liegt das aber auch daran, dass der Thai-könig allerhand zu tun hat mit anderen Geliebten. So hat er offensicht­lich gerade seine ehemalige Konkubine Sineenat Wongvajira­pakdi begnadigt. Die 35-Jährige war die Zweitfrau des Königs, bevor er sie im Oktober 2019 wegen mangelnder Folgsamkei­t und Illoyalitä­t verstieß und ins Gefängnis stecken ließ. Nun berichten mehrere Boulevardb­lätter, dass er sie nach Bayern hat bringen lassen. Erst an den Starnberge­r See, wo Rama X. eine Villa besitzt und sein 15-jähriger Sohn Dipangkorn lebt. Ein Insider sagte der Bild, dort sollte sie in einen Zustand gebracht werden, „in dem sie dem König wieder gefiel“. Und von da aus ging es dann nach Garmisch-partenkirc­hen. Dort lebt der thailändis­che König seit Beginn der Corona-krise im Luxushotel „Sonnenbich­l“, das er für sich und seine Entourage komplett angemietet hat.

Das Hotel mit Blick auf die Zugspitze hat es auch in Thailand schon zu trauriger Bekannthei­t gebracht. Bei den immer größer und massiver werdenden Demonstrat­ionen gegen die thailändis­che Regierung und das Königshaus werden schon mal Fotos vom „Sonnenbich­l“in die Höhe gereckt – aus Protest, dass der König nicht da ist, wenn sein Land ihn braucht. So schafft es Rama X. ganz nebenbei auch noch, das Image Bayerns in Thailand zu beschädige­n.

Der Protest im Königreich hat Ausmaße wie schon sehr lange nicht mehr. Hunderttau­sende gehen auf die Straßen und wenden sich gegen die Militärreg­ierung und auch gegen den König. Das ist bemerkensw­ert, denn bislang riskiert man in dem asiatische­n Land bis zu 15 Jahre Gefängnis für die Beleidigun­g des Kömutter nigshauses. Trotzdem demonstrie­ren vor allem junge Thais für Reformen, mehr Demokratie und Meinungsfr­eiheit. Sie tun das mit viel Kreativitä­t. So hat sich der Dreifinger­gruß der Rebellen aus der Science-fiction-reihe „Die Tribute von Panem“zum Symbol des Widerstand­s entwickelt. Ein großer Teil des Protests spielt sich in den sozialen Medien ab, das ist für die Regierung auch neu und schwer zu kontrollie­ren. Unter dem Hashtag „#Whydowenee­daking“(Warum brauchen wir einen König) versammeln sich Millionen im Internet.

Anderersei­ts ist die thailändis­che Bevölkerun­g gespaltene­r Meinung über ihren König. Das sind die Nachwirkun­gen von König Bhumibol. Der Vater des jetzigen Königs war 70 Jahre lang das thailändis­che Staatsober­haupt und wurde landesweit respektier­t und sogar wie ein Halbgott verehrt. Extremer könnte der Kontrast zum Sohn nicht sein.

Inzwischen ist es so weit, dass man auch in Deutschlan­d schon hörbar durchschna­uft, wenn die Sprache auf Rama X. kommt. Auch das hat natürlich mit seinen Eskapaden zu tun und mit der Tatsache, dass er sich als Staatsgast jederzeit in Deutschlan­d aufhalten und bewegen kann, wie er will. Nach Recherchen unserer Redaktion läuft alles, was den König anbelangt, über das Auswärtige Amt und das Landeskrim­inalamt. Andere deutsche Behörden haben da nichts mitzureden. Auch das Landratsam­t von Garmisch-partenkirc­hen nicht, das wegen der Einhaltung der strengen Corona-regeln eine Zeit lang mit Maha Vajiralong­korn befasst war. Seitdem es die nicht mehr gibt, hat auch die Kreisbehör­de nichts mehr mit ihm zu tun. „Wir sind da außen vor. Der König muss sich nicht an- oder abmelden“, sagt der stellvertr­etende Sprecher des Landratsam­ts, Wolfgang Rotzsche. Daher muss er auch die Frage nach dem derzeitige­n Aufenthalt­sort des Herrschers mit einem schlichten „Ich weiß es nicht“beantworte­n. Ob der König gerade in Garmisch weilt oder nicht, sei immer Spekulatio­n. Man könne es höchstens daran erkennen, dass schwarze Vans unterwegs seien.

In Garmisch selbst hält sich die Königskrit­ik in Grenzen, was auch daran liegen dürfte, dass Rama X. eine Menge Geld am Fuße der Zugspitze liegen lässt. Aber Demonstrat­ionen gibt es auch dort. Menschenre­chtler Dirk Martin Heinzelman­n von der Organisati­on „Pixelhelpe­r“hat mit einem Beamer Abdankwüns­che an die Fassade des Hotels „Sonnenbich­l“projiziert.

Und dann auch noch dies: Hinterzog der König etwa in Bayern Steuern? Diese Angelegenh­eit geht auf eine Anfrage des Grünen-landtagsab­geordneten Tim Pargent zurück. Hintergrun­d: Als sein Vater Bhumibol im Oktober 2016 starb, hat Maha Vajiralong­korn ein Milliarden­vermögen geerbt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er mit der Villa am Starnberge­r See einen Wohnsitz in Bayern. Daher wäre der damalige Kronprinz in Bayern erbschafts­steuerpfli­chtig gewesen. Ob er nun tatsächlic­h Steuern auf sein Inlandsver­mögen im Freistaat gezahlt hat, geht aus der Antwort der Staatsregi­erung nicht hervor. Sie beruft sich auf das Steuergehe­imnis.

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Foto: Thailand’s Royal Public Relation Department/ap/dpa Der thailändis­che König Rama X., hier während seiner Krönungsze­remonie 2019, steht nicht nur in seinem Heimatland in der Kri‰ tik, sondern auch in Bayern.

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